Drogenkartelle in Mexiko: Bruderkrieg mit zerhackten Leichen

Mexikos brutalste Drogenmafia „Los Zetas“ steht vor der Spaltung. Der zweite Mann greift seinen Boss an. Dem Land droht ein weiterer Kartellkrieg.

Festnahme eines „Los Zetas“-Mitgliedes im Bundesstaat Puebla. Bild: dpa

SAN SALVADOR taz | Zunächst gab es nur Gerüchte. Dann tauchten sogenannte Narcomantas auf - meist an Straßenbrücken aufgehängte Transparente, so etwas wie Bekanntmachungen der Drogenkartelle.

Auf der Internetplattform Youtube folgten Narcocorridos: volksmusikalisch dargebotene Balladen aus dem Innenleben des organisierten Verbrechens. Alle drehten sich um dieselbe Nachricht, die jetzt von der mexikanischen Generalstaatsanwältin Marisela Morales bestätigt wurde. Die Geheimdienste hätten ihr zugetragen, so Morales, dass ein Bruderkrieg herrsche im grausamsten aller Kartelle.

Ganz offensichtlich bekriegen sich in der Verbrecherbande Los Zetas der oberste Chef Heriberto Lazcano, auch bekannt unter den Decknamen El Lazca oder Z-3, und Miguel Ángel Treviño Morales alias Z-40, der zweite Mann im Kartell.

Über den Grund der Auseinandersetzung rätseln die Kartellspezialisten der mexikanischen Medien: Streiten sich die beiden um Routen für den Drogentransport oder um Geld?

Treviño Morales wurde schon mehrfach vorgeworfen, er wirtschafte nicht nur für das Kartell, sondern auch in die eigene Tasche. Für möglich gehalten wird auch ein banaler Streit um eine Frau oder um eine Pferdewette. Sowohl die Nummer eins als auch die zwei gelten in solchen Angelegenheiten als sehr impulsiv - und das geht blutig aus.

Lazcano fühlt sich bedroht

Auf Transparenten und in Balladen wurde Treviño Morales vorgeworfen, er sei „der Judas der Zetas“, der mehrere Handlanger seines Chefs Lazcano an die Polizei verraten haben. Auch Lazcano selbst fühlt sich offenbar nicht mehr sicher. Er ist seit längerem völlig abgetaucht. Gerüchtehalber soll er vor kurzem in Costa Rica gesehen worden und zu einem Kurzbesuch angeblich sogar in Deutschland gewesen sein.

Treviño Morales ist der letzte Zeta der Gründergeneration, der noch nicht verhaftet oder getötet wurde. 1998 wurde er aus einer Eliteeinheit der Armee vom damaligen Chef des Golfkartells für dessen persönliche Leibwache abgeworben. Treviño Morales stieß ein Jahr später zu dieser Truppe, die mit guatemaltekischen Elitesoldaten ergänzt und schnell zum bewaffneten Arm des Golf-Kartells ausgebaut wurde.

Den Pistoleros der anderen Kartelle waren die Zetas von Anfang an überlegen: Sie hatten eine militärische Ausbildung, waren im Antiguerillakrieg geübt und zeichneten sich durch vorher in Mexiko nicht gekannte Grausamkeit aus. Sie waren es, die das Köpfen von Gegnern alltäglich machten.

2010 trennte sich die Truppe vom Golf-Kartell, arbeitete seither auf eigene Rechnung und wurde zur nach dem Sinaloa-Kartell zweitstärksten Verbrecherorganisation Mexikos. Sie ist heute in 16 der 32 Bundesstaaten präsent, im Süden der USA und in Guatemala und hat vermutlich Ableger in weiteren lateinamerikanischen Ländern.

Kartell mit vielen Geschäftsfeldern

Die Zetas sind so diversifiziert wie kein anderes Kartell: Neben dem Drogenhandel sind sie im Geschäft mit geschmuggelten Zigaretten, Raubkopien von Film-DVDs und Musik-CDs und gestohlenen Autos. In ihrem Auftrag arbeiten Schlepperbanden, Schutzgelderpresser und Prostituierte. Experten schätzen, dass sie nur rund die Hälfte ihres Umsatzes mit Drogen machen und zwischen 3.000 und 10.000 Männer unter Waffen haben.

Weil sie sehr schnell sehr viele kleine kriminelle Banden als neue Mitglieder rekrutierten, galten sie schon immer als eher labile und spaltungsgefährdete Organisation. Sollte es tatsächlich zum großen Bruch kommen, wird der voraussichtlich sehr blutig vonstattengehen.

Ein erster Vorbote der kommenden Gewalt stand bereits am 7. Juni auf dem Marktplatz einer Kleinstadt im nördlichen Bundesstaat Tamaulipas: ein Kleinlaster, geschmückt mit einem Transparent mit einer Drohung gegen Treviño Morales. Auf der Ladefläche lagen 14 zerstückelte Leichen.

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