Eigentümer der „Berliner Zeitung“: Jetzt lasst sie doch in Ruhe!

Die Eigner des Berliner Verlags, Silke und Holger Friedrich, werden für ihr Mission-Statement hart kritisiert. Das geht auch entspannter.

Doppelporträt Holger und Silke Friedrich

Die Neu-Eigentümer sehen sich einiger Kritik ausgesetzt Foto: dpa

Jetzt ist schon wieder was passiert. Die Neu-Eigentümer*innen der Berliner Zeitung, Silke und Holger Friedrich, haben sich und ihren Leser*innen was zugemutet. Eine „Botschaft“ in Form eines langen Editorials, in dem sie mal freiweg erzählen, warum sie den ganzen Spaß überhaupt machen: ’ne Zeitung kaufen, die es auf dem schwierigen Pressemarkt der Hauptstadt noch ein bisschen schwerer hat.

Seitdem der Text erschienen ist, wird er den beiden Quereingestiegenen – Silke Friedrich leitet eine Privatschule in Berlin, ihr Mann Holger hat mit Software und IT eine Menge Geld verdient – um die Öhrchen gehauen. Vor allem von den klassischen Medien: Der Spiegel fühlt sich online an Verlegersohn Konstantin Neven DuMont erinnert, der sich als Verlagserbe wegen zu schräger Ansätze ins Aus schoss. Das ist so weit ganz hübsch, weil die Friedrichs das Blatt genau von jenem Verlagshaus gekauft haben. Und dass DuMont in Berlin alles richtig gemacht hat, wird wohl kaum wer behaupten. Also: niemand, wie die Mitbewohnerin jetzt korrigieren würde.

Ein bisschen wirkt die Aufregung über die „Berliner Botschaft“ wie ein zweiter Aufguss des alten Sommerhits „AKK trifft Rezo“. Wer den Text nämlich wirklich mal liest, findet neben einigem rührend Nai­ven, anderem schwer Missverständlichen und manchem Murks auch eine Menge Bedenkenswertes. Das ist kein Benchmark-Sprech der von Schickler und Consorten ver- pardon: beratenen „Wir waren mal ein Verlag und nennen uns jetzt Medienhaus, aber das glaubt uns eh keiner“-Branche. Bei der es um Sparen und Renditeerhalt und zuletzt sogar um direkte Subventionen von der Politik geht.

Sondern da kommen zwei Menschen, die vermutliche echte Typen sind, und machen einfach mal. Dabei haben sie ihre eigene Weltanschauung, die natürlich geprägt ist durch das Land, aus dem sie kommen (D-Ost), und was sie in den vergangenen 30 Jahren draus gemacht haben.

Dem Blatt davon redaktionell was aufzwingen, so steht’s in der Botschaft, wollen sie nicht. Aber natürlich sagt dieses „Grundrauschen“ schon etwas aus und wird den Laden prägen – was bei einem Blatt, das immer noch überwiegend von denen gelesen wird, die ’ne ähnliche Herkunft wie die Friedrichs haben, vermutlich gar keine schlechte Idee ist. Dass Eigentümer*innen ihren Medien ’ne weltanschauliche Linie mitgeben, ist keine Misse­tat, sondern ihr gutes Recht. Zeitungen sind in Deutschland deshalb immer noch Tendenzbetriebe, wie sonst nur noch Kirchen. Das alles macht aufs Schönste aus, was früher bei Zeitungen häufiger zu finden war: Verlegertum.

Um es kurz zu machen: Die Friedrichs sind die neuen Verleger*innen. Anders, gewöhnungsbedürftig – und er hat auch noch ’n Bart wie Karl Marx. Herzlich willkommen, wir freuen uns auf euch.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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