Einigung in Ägypten: Keine Alleingänge

Die verfassungsgebende Versammlung in Ägypten steht. Die Islamisten erhalten die Hälfte der Sitze und werden damit künftig an Alleingängen gehindert.

Das letzte Wort hat Ägyptens Oberster Verfassungsgerichtshof. Bild: dpa

KAIRO dapd | Der ägyptische Militärrat und Vertreter von 22 Parteien haben sich nach einem dreimonatigen Tauziehen auf die Zusammensetzung einer verfassunggebenden Versammlung geeinigt. Wie die staatliche Nachrichtenagentur am Donnerstag meldete, erhalten die im ägyptischen Parlament dominierenden Islamisten die Hälfte der 100 Sitze in der Versammlung.

Auch über den Abstimmungsmodus in der Versammlung sei es zu einer Einigung gekommen. Zuvor hatte sich das Gremium aus Muslimbrüdern und anderen Islamisten zusammengesetzt, die zusammen 70 Prozent ausmachten. Daraufhin boykottierten Linke und Liberale die Beratungen, etliche Mitglieder verließen aus Protest den Ausschuss. Ein Gericht gab den Kritikern recht, dass das Gremium angesichts der Dominanz der Islamisten nicht repräsentativ sei, und löste die verfassunggebende Versammlung auf.

Am Dienstag hatte der regierende Militärrat gedroht, das Gremium selbst zusammenzusetzen, das das neue Grundgesetz ausarbeiten soll, sollte das Parlament nicht binnen 48 Stunden zu einer Einigung kommen. Da Verfassungsartikel nur mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden können, ist es den Islamisten nach der nun gefundenen Einigung nicht mehr möglich, darüber im Alleingang zu entscheiden.

Unterdessen haben die beiden Kandidaten wenige Tage vor der Stichwahl um das Präsidentenamt ihren Ton verschärft. Ahmed Schafik, Ministerpräsident unter Mubarak, warf Mohammed Mursi von der Muslimbruderschaft vor, Christen zu terrorisieren und Ägypten „ins dunkle Zeitalter“ zu führen. Die Muslimbruderschaft versucht derweil, aus der aufgebrachten Stimmung nach dem Mubarak-Urteil Kapital zu schlagen.

Zahlreiche Ägypter protestierten gegen den Richterspruch vom vergangenen Wochenende, wonach Mubarak wegen seiner Rolle bei der Tötung Hunderter Demonstranten lebenslang in Haft muss. Einige forderten die Hinrichtung Mubaraks, durchweg wurde jedoch gegen Freisprüche für enge Mitarbeiter des ehemaligen Machthabers protestiert.

Neue Demonstrationen

Nur zwei Tage vor der Stichwahl am 16. und 17. Juni befasst sich der Oberste Verfassungsgerichtshof in Ägypten mit zwei Fällen, die auch die Parlamentswahlen noch einmal infrage stellen könnten. In dem einen überprüft das Gericht das Urteil einer niedrigeren Instanz, wonach das Gesetz über die Parlamentswahlen verfassungswidrig war. Sollte der Oberste Gerichtshof zum gleichen Schluss kommen, würde das Parlament aufgelöst und Neuwahlen anberaumt werden.

In dem anderen Fall geht es darum, ob Schafik in der Stichwahl überhaupt antreten darf. Das Parlament hatte ein Gesetz verabschiedet, das es etlichen Funktionäre aus der Mubarak-Ära untersagt, sich um das Präsidentschaftsamt zu bewerben. Sollte das Oberste Gericht das Gesetz bestätigen, müsste Schafik sich aus dem Rennen zurückziehen und möglicherweise eine neue Präsidentschaftswahl ausgerufen werden.

Tausende Demonstranten auf dem Tahrirplatz in Kairo forderten bereits den Ausschluss Schafiks von der Wahl. Auch am Freitagnachmittag wollten Demonstranten mit einer Massenkundgebung in Kairo erneut gegen die Präsidentschaftskandidatur von Schafik protestieren.

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