Energieexpertin über Uckermark-Trasse: „Erneuerbare als Sündenbock“

Der Bau einer Stromtrasse durch die Uckermark ist vom Bundesverwaltungsgericht verboten worden. Was heißt das für die Energiewende, Claudia Kemfert?

Sonne hinter Strommast

So etwas will der Bundesgerichtshof in der Uckermark nicht sehen Foto: dpa

BERLIN taz | Das Bundesverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss zum Bau einer Höchstspannungsleitung in der Uckermark für rechtswidrig erklärt: Es gebe Nachbesserungsbedarf beim Vogelschutz. 2017 sollte die 380-Kilovolt-Leitung in Betrieb gehen, aber der Termin ist jetzt nicht mehr zu halten. Was heißt das für die Energiewende?

Kann der Ausbau der Erneuerbaren in Brandenburg jetzt nur noch gebremst weitergehen?

Claudia Kemfert: Nein. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird nicht durch einen zeitlich verschobenen Stromleitungsausbau gefährdet, sondern durch den noch immer sehr hohen Anteil von Kohlestrom im Netz.

Aber wozu plant man dann die neue Leitung?

Es soll eine neue Hochspannungsleitung zur Erhöhung der Kapazitäten als Ersatz einer 50 Jahre alten Leitung erbaut werden. Es macht durchaus Sinn, sich dabei an der alten Trassenführung zu orientieren.

Jahrgang 1968, ist Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin.

Der Netzbetreiber 50Hertz beharrt aber darauf, das Gericht habe „die Notwendigkeit der Uckermarkleitung für die Energiewende klar bestätigt“.

Fakt ist: Bei hohen Anteilen von Windstrom werden die Kohlekraftwerke nicht heruntergeregelt, sondern laufen weiter, der Strom wird ins Ausland verkauft. Das erkennt man an den immer weiter steigenden Stromexportüberschüssen aus Deutschland. Genau dies verursacht Netzengpässe. Erneuerbare Energien werden als Sündenbock benutzt, um oftmals überdimensionierten Leitungsausbau zu rechtfertigen. Dabei müsste der Anteil von Kohlestrom sinken. Naturschutzmaßnahmen sind wichtig und müssen berücksichtigt werden.

Nun muss 50Hertz umplanen. Haben das Unternehmen und auch die Genehmigungsbehörden schlampig gearbeitet, da sie nun vom Gericht zurückgepfiffen werden?

Dies muss geprüft werden. Aus meiner Sicht handelt es sich hier um keine außergewöhnliche Entscheidung, sondern ist durchaus üblich in derartigen Planungsverfahren. Naturschutzmaßnahmen sind wichtig und müssen berücksichtigt werden. Sicherlich wird man eine vernünftige Lösung finden. Die Energiewende wird jedenfalls nicht durch die Verzögerung dieses Leitungsabschnitts behindert, sondern vor allem durch den nicht existierenden Kohleausstieg.

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