Entscheidungen im Bundesrat: Länder üben Harmonie

Große Koalition mit Abstrichen: Mit überraschender Mehrheit stimmt der Bundesrat für eine Frauenquote, erteilt dem Mindestlohn aber eine Absage.

Hamburgs Gleichstellungssenatorin Jana Schiedek (SPD) brachte den Gesetzesentwurf zur Frauenquote in Führungsgremien ein. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Bundesrat hatte am Freitag eine lange Tagesordnung. Die spektakulärsten Punkte waren der Vorstoß aus dem SPD-regierten Hamburg für eine gesetzliche Frauenquote in Aufsichtsräten sowie der Gesetzentwurf Thüringens für einen allgemeinen Mindestlohn.

Der Antrag zur Quote sieht einen Frauenanteil in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen von 20 Prozent ab 2018 vor, ab 2023 soll er bei 40 Prozent liegen. Der Antrag wurde überraschend mit den Stimmen der CDU-geführten großen Koalitionen in Sachsen-Anhalt und im Saarland angenommen. Damit ist der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht.

Genugtuung herrschte bei der Opposition. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Lambrecht sprach von einer „Blamage für Merkel“, die „auf die Flexi-Quote von Ministerin Schröder“ gesetzt habe. Cornelia Möhring, Vizefraktionschefin der Linkspartei, sieht in dem Antrag einen Erfolg der „Berliner Erklärung“, die von 20.000 Menschen unterzeichnet wurde. Und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erkennt eine Niederlage von CDU-Familienministerin Schröder und FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Sie erwarte jetzt ein Signal von den CDU-Frauen.

Das kam prompt. Während Rita Pawelski von den Unions-Frauen „ein positives Signal für die Gleichberechtigung“ erkennt, sieht der mittelstandspolitische Sprecher Christian von Stetten gar „einen ungerechtfertigten Eingriff in die Eigentumsrechte der Unternehmen“.

Zu viel für die Union, zu wenig für die SPD

Die Gesetzesinitiative von Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) für einen allgemeinen Mindestlohn stieß im Bundesrat auf Widerstand. Der Entwurf sieht vor, dass eine von Arbeitnehmern und Arbeitgebern besetzte Kommission einen Mindestlohn aushandelt, den die Bundesregierung dann gesetzlich festsetzt. Ein Abweichen davon in bestimmten Regionen oder Branchen soll es nicht geben. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) lehnte dies mit der Begründung ab, eine einheitliche Lohnuntergrenze sei nicht „sachgerecht“.

Der SPD hingegen ging das Vorhaben nicht weit genug – sie beharrt auf einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Kurt Beck, SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, schloss aber nicht aus, dass sich die Länder noch 2012 auf einen Entwurf einigen. In diesem Fall müsste sich der Bundestag damit befassen.

Weitere Punkte waren das umstrittene Meldegesetz, das der Bundesrat wie erwartet zur Nachbesserung in den Vermittlungsausschuss verwies, sowie die Billigung des „Pflege-Bahr“. Die Reform sieht eine Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte vor. Außerdem billigte der Bundesrat die Wiederzulassung alter Autokennzeichen.

Gescheitert ist die Abschaffung des Flughafenasylverfahrens, bei dem Flüchtlinge ohne Papiere oder aus sogenannten sicheren Drittstaaten im Transitbereich des Flughafens festgehalten werden können, bis ihr Asylantrag geprüft ist. Das hatten die SPD-Länder Brandenburg und Rheinland-Pfalz gefordert.

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