Ernährungssicherheit in Argentinien: Maisanbau flutet die Felder

Soja und Mais verdrängen die ursprüngliche Vegetation. Erst herrschte Dürre, nun drohen Überschwemmungen, weil das Grundwasser steigt.

Maispflanzen vor Wolkenhimmel

Erst litten sie unter zu wenig Wasser, jetzt droht ihnen zu viel davon: Maispflanzen in Argentinien Foto: reuters

BUENOS AIRES taz | Droht Südamerika nach der Dürre jetzt die Flut? Argentinische und britische Wis­sen­schaft­le­r*in­nen warnen vor zunehmenden Überschwemmungen in den wichtigen Anbaugebieten für Getreide und Ölsaaten. Der treibende Faktor dabei sei dabei das Verschwinden der einheimischen Vegetation und der Anbau von Weizen, Mais oder Sojabohnen. Es drohten Ernteverluste und die Versalzung und Erosion der Böden.

„Der großflächige Ersatz von tiefer wurzelnden Bäumen, Pflanzen und Gräsern durch flachwurzelnde einjährige Pflanzen hat dazu geführt, dass der Grundwasserspiegel in der Region näher an die Oberfläche gestiegen ist“, erklärt der Biologe Esteban Jobbágy von der argentinischen Universität in San Luis. Wenn der Grundwasserspiegel näher an die Oberfläche steigt, könne der Boden schwere Regenfälle weniger gut aufnehmen, so Jobbágy.

Derzeit dehne sich die jährliche Anbaufläche auf dem südamerikanischen Kontinent mit einer Geschwindigkeit von 2,1 Millionen Hektar pro Jahr aus – das entspricht etwa der Fläche Sachsen-Anhalts. Besonders betroffen sind die weiten Ebenen der Pampa und die subtropischen Wälder des Gran Chaco. Diese Region zwischen den Anden im Westen und dem höher gelegenen Brasilianischen Schild im Osten ist eine der flachsten Ebenen und eine der besten Ackerbauflächen der Welt. Auf Veränderungen im Wasserhaushalt reagiert sie besonders empfindlich.

„Wir haben festgestellt, dass die großflächige Verdrängung der einheimischen Vegetation und der Weiden durch Regenfeldbau in den wichtigsten Anbauregionen Südamerikas in den letzten vier Jahrzehnten mit zunehmenden Überschwemmungen einhergeht“, schreiben die Wissenschaftler von der argentinischen Universität in San Luis und der britischen Universität Lancaster in der am Donnerstag in der Zeitschrift ­Science veröffentlichten Studie. Zudem verdunstet weniger Wasser von den Anbauflächen.

Inzwischen werden Ackerflächen überschwemmt

Vor allem im Süden des Kontinents haben die Überschwemmungsgebiete zugenommen und betreffen zunehmend für die Landwirtschaft wichtige Flächen. „Vor dem Jahr 2000 machten die Ebenen Südamerikas 40 Prozent der gesamten überschwemmten Fläche aus“, so die Studie.

Allerdings seien diese Flächen überwiegend Feuchtgebiete und andere weniger bewirtschaftete Flächen gewesen. „Seit dem Jahr 2000 liegen nun drei Viertel der erstmals überschwemmten Flächen in den Ebenen“, schreiben die Au­to­r*in­nen, die Hälfte davon sei Ackerland. In Argentinien fällt diese Veränderung mit dem Beginn des Sojabooms zusammen.

Die Erkenntnisse der Wissenschaftler beruhen auf der Auswertung von Satellitenbildern und Vor-Ort-Beobachtungen der letzten vierzig Jahre, mit denen statistische Modellierungen und hydrologische Simulationen durchgeführt wurden. Dabei zeigte sich, dass die Verdrängung der ursprünglichen Vegetation durch Getreide und Ölsaaten einem Anstieg des Grundwasserspiegels von 6 bis 12 Meter Tiefe auf 0 bis 4 Meter Tiefe bewirkte. Für das Wissenschaftsteam sind die Erkenntnisse von entscheidender Bedeutung für die künftige Landnutzungspolitik und das Wassermanagement.

Nach drei Jahren Dürre, verursacht durch das Wetterphänomen La Niña, dürften sich die Meldungen über Überflutungen in Südamerika wieder häufen. Die Region befindet sich derzeit im Übergang zum Wetterphänomen El Niño, das im südlichen Südamerika für starke Regenfälle sorgt. Dass El Niño bereits anklopft, zeigen die tagelangen starken Regenfälle Anfang dieser Woche in Chile, an deren Folgen mindestens zwei Menschen ums Leben kamen.

„Dieser Regen ist das erste Anzeichen dafür, dass El Niño nun auch Chile erreicht. In Kolumbien, Ecuador und Peru ist er bereits seit über einem Monat vorhanden und dringt weiter nach Süden vor“, sagte der chilenische Meteorologe Fernando Santibáñez der Deutschen Presse-Agentur.

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