Erneut chinesischer Dissident verurteilt: Zehn Jahre Haft für Li Tie

In China wurde der Demokratie-Aktivist Li Tie zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ein anderer Dissident berichtete im Exil von Misshandlungen – und sendete einen Appell an den Westen.

Mächtig und unnachgiebig: die chinesische Staatsgewalt. Bild: reuters

PEKING/WASHINGTON afp | Ein chinesisches Gericht hat erneut einen Regierungskritiker zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der Demokratie-Aktivist Li Tie sei von einem Gericht in der zentralchinesischen Stadt Wuhan wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, sagte ein Angehöriger am Donnerstag. Der staatlich bestimmte Pflichtverteidiger Lis weigerte sich demnach, den Angehörigen eine Kopie des am Vortag ausgesprochenen Urteils auszuhändigen.

Die in Hong Kong ansässige Organisation Chinese Human Rights Defenders teilte mit, Li sei für das Schreiben von Essays über Demokratie, verfassungsmäßige Regierungsführung und lokale Wahlen verurteilt worden. Demnach warf die Staatsanwaltschaft Li "regierungsfeindliche Gedanken" vor, die zu Aktionen gegen die Regierung führen könnten. Lis Familie zufolge will der Verurteilte Berufung gegen das Urteil einlegen.

Li ist bereits der dritte Dissident, der in den vergangenen Wochen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Nach Ansicht von Beobachtern wollen die Behörden damit vor einem Generationenwechsel in der kommunistischen Führung den Druck auf die Opposition erhöhen. Die Kommunistische Partei bestrafe altgediente Aktivisten "einen nach dem anderen", sagte eine Vertreterin von Amnesty International. Dies hänge möglicherweise auch mit der Sorge vor einem Übergreifen der Proteste des Arabischen Frühlings auf China zusammen.

Parallel zur Verurteilung Lis hat der chinesische Dissident Yu Jie eine Woche nach seiner Flucht ins Exil in die USA vor Journalisten in Washington über physische und psychische Misshandlung geklagt. "Sie haben alle meine Kleider heruntergerissen und mich auf den Boden geworfen und mich geschlagen – mehr als einhundert mal", sagte Yu. Falls die westlichen Staaten die Menschenrechtsverletzungen in China übersähen, so schadeten sie sich selbst, warnte der 38-Jährige. Seine Religion als Protestant habe er in China nicht ausüben können.

Die Gefahr des "Übels" in China sei "noch größer als in der Sowjetunion", sagte Yu. Die Sowjetunion habe sich in der Zeit des Kalten Krieges hinter dem "Eisernen Vorhang" befunden. Die chinesische Führung aber verfolge "nicht nur ihr eigenes Volk", sondern versuche ihr System in andere Länder zu exportieren, "etwa nach Afrika".

Yu ist ein Freund des in Haft sitzenden chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo. Yu war in der Vergangenheit häufiger in die USA gereist, jedoch stets nach China zurückgekehrt. Nachdem er 2010 in Hongkong das kritische Buch "Wen Jiabao: Der beste Schauspieler Chinas" über den chinesischen Ministerpräsidenten Wen herausgebracht habe, seien ihm weitere Veröffentlichungen im Ausland verboten worden.

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