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Erneute Angriffe auf Druschba-PipelineVolles Rohr, leeres Rohr!

Die Ukraine hat erneut die „Druschba“-Ölpipeline angegriffen und russische Ölexporte gestoppt. Ungarn und die Slowakei schlagen Alarm.

Hier kommt russisches gerade nicht mehr an: Raffinerie „Duna“ im ungarischen Szazhalombatta Foto: Janos Kummer/getty images

Berlin taz | Russische Ölexporte gen Westen sind durch weitere ukrainische Drohenangriffe auf die „Druschba“-Pipeline erneut gestoppt worden. Bereits in der Nacht zum vergangenen Montag war die 5500 Kilometer lange Röhre Ziel von Angriffen gewesen, sie hatte aber nach kurzer Zeit geflickt werden können.

Vor den erneuten ukrainischen Angriffen auf die „Druschba“-Pumpstation Unetscha in der westrussischen Region Brjansk hatten sich Ungarn und die Slowakei bei der EU-Kommission und US-Präsident Donald Trump über die ukrainischen Attacken auf die „Druschba“-Trasse beschwert.

Der jüngste Raketenangriff habe die Versorgung wahrscheinlich für mindestens fünf Tage unterbrochen. Die physische und geografische Realität sei, dass es ohne diese Pipeline schlicht unmöglich sei, die beiden Länder sicher zu versorgen, heißt es in einem Brief des slowakischen und ungarischen Außenministeriums vom Freitag, den die russische Nachrichtenagentur Interfax zitiert.

Laut dem ungarischen Premier Viktor Orbán, der stolz ist, dass Trump ihn in einem Brief „meinen großen Freund“ genannt haben soll, sei Trump „sehr wütend“ über die ukrainischen „Druschba“-Angriffe. Das berichtete das regierungsnahe ungarische Portal „Magyar Nemzet“.

Von Treibstofflieferungen abschneiden

Durch die von Sibirien nach Europa führende Trasse beziehen Ungarn und die Slowakei über 80 Prozent ihres Rohölbedarfs. Auch zur PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt wird über „Druschba“ Öl aus Kasachstan gepumpt.

Für die Ukraine sind die anhaltenden Angriffe auf die russische Energieinfrastruktur wichtig, um die russische Armee von Treibstofflieferungen abzuschneiden. Deshalb werden seit Wochen immer wieder Raffinerien, Tanklager, Ölzüge und die Pipeline angegriffen.

Die ukrainische Armee will damit laut Militärexperten in Kyjiw Russlands Truppen mittels Treibstoffmangels an einem weiteren Vorrücken hindern. Russische Streitkräfte haben unterdessen gleichfalls seit ein paar Tagen gezielt ukrainische Diesel-Nachschublinien angegriffen.

Über „Druschba“ fließt auch Rohöl zur belarussischen Raffinerie Mozyr, wo Treibstoff produziert wird – auch für das im September startende russisch-belarussische Manöver „Sapad“ (Westen). Kyjiw ist besorgt, dass das Manöver zu einem Angriff vom Norden auf die Ukraine genutzt wird. Zuletzt hatte es heftige russische Luftschläge gegen den Nordwesten der Ukraine gegeben.

Ungarn warnte unterdessen mit Folgen weiterer „Druschba“-Attacken: „Ungarn ist der wichtigste Stromlieferant der Ukraine. Ohne uns wäre die Energiesicherheit des Landes höchst instabil“, drohte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó indirekt in Richtung Kyjiw. In der ersten Junihälfte hätten 44 Prozent des in die Ukraine importierten Stroms aus Ungarn gestammt, erklärte Daria Orlova von ExPro Consulting gegenüber RBK-Ukraine.

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22 Kommentare

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  • Ich empfinde das als angemessene Antwort auf den Kampf der Regime in Ungarn und der Slowakei gegen die Ukraine.

  • Interessant an der Sache ist ja, dass die Pipeline einige hundert Kilometer über ukrainisches Gebiet verläuft, bevor sie die Slowakei und Ungarn erreicht. Die Ukraine könnte sie also auf eigenem Gebiet einfach abschalten, wenn sie wollte. Man sollte hier mal recherchieren, wie es um Transitgebühren, Verträge, Haftungen steht ... wer da was an wen bezahlt und im Ausfall-Fall bezahlen muss ...

    • @Kohlrabi:

      Weil das Funktionieren der Wirtschaft wichtiger ist, als einen Krieg zu gewinnen? O tempora, o mores.

  • Was ist eigentlich mit Rosatom, treiben die immer noch ihr Unwesen in Lingen.



    Vielleicht sollte man mal wirklich ernsthaft auflisten, wo man über Umwege dann doch noch von Russland abhängig ist und die von uns. Das ist doch ein Witz, dass die Ukraine noch die Durchleitungen des Angreifers dulden muss.



    Wie will man denn so aus der Erpressbarkeit rauskommen?

    • @Axel Schäfer:

      "Was ist eigentlich mit Rosatom, treiben die immer noch ihr Unwesen in Lingen."

      Also ein neues Ziel für ukrainische Drohnen?

  • „Ungarn ist der wichtigste Stromlieferant der Ukraine. Ohne uns wäre die Energiesicherheit des Landes höchst instabil“, drohte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó indirekt in Richtung Kyjiw.

    Russische Bomben auf die Infrastruktur machen die Energiesicherheit der Ukraine auch sehr instabil.

    Und wenn man schon indirekr droht...Ungarn zählt zu den Ländern, die am stärksten von EU-Transfers profitieren gemessen am Nettozufluss der Mittel.



    Just saying.

    • @Pawelko:

      Vielleicht sollte man Viktor Orbán mal dermaßen Bescheid sagen, dass es noch in 1000 Jahren kein Ungar wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzuseh…, hoppla, da bin ich jetzt historisch etwas verrutscht!

    • @Pawelko:

      "Russische Bomben auf die Infrastruktur machen die Energiesicherheit der Ukraine auch sehr instabil."

      Genau das wird mit den Importen kompensiert.

      Übrigens. Ungarn kann sehr viele EU Beschlüsse blockieren. Die Slowakei auch.

      Ist es also klug, eine schwierige Lage noch komplizierter zu machen?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ein Grund mehr, warum die EU ein politisches Immunsystem braucht, um solche Stinkstiefelstaaten wie Ungarn oder die Slowakei kaltzustellen.



        In einem Karnickelzüchterverein haben solche notorischen Quertreiber weniger zu lachen.

  • Falls Trump ernsthaft Sanktionen gegen Länder erwog, die bei Putin einkaufen, wäre es ein bißchen unklug, sich ausgerechnet bei ihm zu beschweren ...

  • Na und?



    Sollen sie sich doch beschweren soviel wie sie wollen.

    Auch wenn es sich seltsam anfühlt Stellung zu beziehen, wenn man persönlich nicht mal etwas mit der Idee von Nationalstaaten anfangen kann, so ist es doch offenkundig das die Ukraine jedes Recht hat alles zu tun was ihrer Verteidigung hilfreich ist. Ich bin nichtmal dem böse der Nordstream gesprengt hat. Ist ne ungewöhnliche Situation, da ist mehr akzeptabel, als in gewöhnlichen Phasen...

    Sollen sie zusehen ihr Öl endlich woanders her zu kriegen. Einige Jahre Zeit hatten sie ja schon, was haben die denn in der Zeit versucht um ne andere Versorgung zu bekommen?

    • @Rikard Dobos:

      Ich würde Ungarn dringend raten, in einen Hochseehafen zu investieren. ;)

    • @Rikard Dobos:

      "Einige Jahre Zeit hatten sie ja schon, was haben die denn in der Zeit versucht um ne andere Versorgung zu bekommen?"

      Zu wenig, zu spät. Es wird spannend was Medikamente angeht wenn China Taiwan "heim ins Reich" holt.



      Wenn ein Deal zu schön um wahr zu sein scheint, dann ist es wahrscheinlich kein guter Deal. Gilt für billige Medikamente aus China wie auch für billiges Gas aus Russland.

      Aber gut, wir können auch wieder bei Lanz und Co darüber diskutieren wenn es mal wieder zu spät ist...

  • Stimmt das mit den Stromlieferungen aus Ungarn? Dann würde die Ukraine gerade die eigene Stromversorgung beschießen...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die Ukraine ist seit März 2022 mit dem europäischen Stromnetz verbunden, nicht nur über Ungarn, auch über Polen und Rumänien. Es kann damit überall im europäischen Netz Strom kaufen, in Ungarn war es wohl am billigsten (50% Strom aus AKWs, 25% aus (russischem) Erdgas). Die Sicherheit wäre überhaupt nicht gefährdet, würde Orban seinen Kernkraftstrom nicht liefern, der Preis wäre wohl nur leicht höher. Die Ukrainer beschießen Druschba, weil damit Öl direkt an die Front geliefert wird und zudem an die ukrainisch-weißrussische Grenze, wo bald ein Manöver stattfinden soll, bei dem die Ukrainer vermuten, dass Putin wieder über Belarus angreift, das hat also in erster Linie existenziell militärische Gründe, und als Nebeneffekt trifft man die größten Arschkriecher Putins in der EU.

      • @Dorian Müller:

        Ja, gerade mit dem letzten Satz schafft man sich Freunde fürs Leben, der Ukraine ist sicherlich daran gelegen, gewissermaßen eine neue Front im Westen aufzumachen. A…kriecher - das nenne ich mal wahrhaft europäischen Geist, deutsche Interpretation.

      • @Dorian Müller:

        Trotzdem braucht man Leitungen mit der entsprechenden Kapazität. Und ein Teil der Kapazität führt eben über Ungarn.

        "Die Ukrainer beschießen Druschba, weil damit Öl direkt an die Front geliefert wird..."

        Das geht schon deshalb nicht, weil die Leitung weit ab der Hauptfront verläuft. Außerdem transportiert sie Rohöl. Mit dem kann die "Front" wenig anfangen.



        Und natürlich findet das wie immer geartete Manöver in Belarus auch ohne die Leitung statt.

        "...als Nebeneffekt trifft man die größten Arschkriecher Putins in der EU."

        Da unser "kasachisches" Öl auch über die Leitung kommt, meinen Sie wohl auch D?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Also Orban soll das seinen Wahlkampfhelfern gesteckt haben (hieß es im ungarischen Fernsehen: www.gmx.net/magazi...ss-ungarn-41304710 ). Ich würde dann eher meinen, daß die Ukraine Strom nicht aus, sondern allenfalls über Ungarn bezöge. Denn ich glaube nicht, daß Ungarn mit seinen 9,5 Mio Einwohner in seinem eigenen Netz einen derartigen Stromüberschuß haben könnte, daß es 16,6 Mio Ukrainer mitversorgen würde. Aber gut, bei der Orbanschen Physik geht das anscheinend.

      • @dtx:

        Ja. Aber am Schalter würde er trotzdem sitzen. Und er sucht scheinbar Rückendeckung bei seinem Freund in Washington.

  • Finde ich richtig, den Angriff. Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung gegen den Aggressor Russland.



    Und noch mehr soll das gelten, wenn die USA und Russland nun gemeinsame Sache machen, sowie Europa ein militärischer Winzling ist, der die Ukraine gegen die USA und Russland kaum verteidigen könnte.

    Dass nun Orban und der andere Möchtegerndiktator aus der Slowakei da nun Bedenken haben, ist bezeichnend.

    Solange die Ukraine ihre Gebiete nicht zurückbekommt vom Donbass bis hinunter zur Krym, solange müssen Angriffe auf Russland erfolgen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Ich würde mich auch nicht wundern, wenn der ukrainische Geheimdienst fertige Pläne für Turkstream in der Schublade hat, für den Fall, dass der Ukraine wirklich keine andere Option mehr bleibt. Die Konsequenzen für die Türkei und Südosteuropa wären kaum absehbar.



      Ich füge hinzu, dass ich das für völlig legitim halte.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Es lebe das stets wie ein hehrer Fels in einer Brandung der Verkommenheit stehende ewige Deutschland! Offenbar sind die USA jetzt auch im Krieg gegen die Ukraine? Seit wann?