Eskalation im Jemen: 50 Menschen gestorben

Bei einer Explosion in einem Waffenlager kamen 28 Menschen ums Leben. Die Kämpfe zwischen dem Clan von Scheich Sadik al-Ahmar und den Regierungstruppen werden immer heftiger.

Al-Assad lässt schweres Geschütz auffahren. Bild: dapd

SANAA/WASHINGTON dpa/rtr/afp | Der Machtkampf im Jemen wird immer blutiger. Bei nächtlichen Gefechten in der Hauptstadt Sanaa zwischen Anhängern der Staatsführung und gegnerischen Stammeskriegern wurden am Donnerstag nach Angaben beider Seiten 24 Menschen getötet, 28 weitere Menschen starben bei der Explosion eines Waffendepots. Präsident Ali Abdallah Saleh befahl die Festnahme von Stammesführer Scheich Sadek el Ahmar.

Mindestens 18 Menschen seien bei den nächtlichen Kämpfen zwischen der republikanischen Garde und Anhängern des Arhab-Stammes ums Leben gekommen, teilte ein Stammesvertreter mit. Im Hauptstadtbezirk El Hasaba wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur Saba bei Gefechten zwischen Anhängern Salehs und Mitgliedern des mächtigen Hasched-Stammes sechs weitere Menschen getötet, unter ihnen vier Zivilisten.

Die Stammeskrieger hätten "Granaten auf Einwohner geworfen", hieß es unter Berufung auf das Innenministerium. Seit Beginn der Kämpfe zwischen Sicherheitskräften und Stammesvertretern am Montag starben mindestens 68 Menschen. Die schweren Auseinandersetzungen waren am Mittwoch unter anderem in der Nähe des Flughafens wieder aufgeflammt, der vorübergehend geschlossen wurde. Am Donnerstag lief dort der Betrieb aber wieder normal, wie Saba meldete.

Festnahme Ahmars angeordnet

Das jemenitische Verteidigungsministerium teilte mit, das Munitionsdepot, bei dessen Explosion 28 Menschen starben, gehöre dem Bruder von Scheich Sadek el Ahmar, Hamid el Ahmar. Dieser ist Geschäftsmann und Vorsitzender der größten jemenitischen Oppositionspartei. Details gab das Ministerium nicht bekannt; es war zunächst unklar, wann genau und unter welchen Umständen sich die Explosion ereignete.

In einer separaten Mitteilung erklärte das Verteidigungsministerium, Präsident Saleh habe die Festnahme von Scheich Sadek el Ahmar und dessen neun Brüdern angeordnet. Sie sollten sich "wegen bewaffneter Rebellion vor der Justiz verantworten", hieß es. Dieser wiederum warf Saleh vor, das Land "in einen Bürgerkrieg treiben" zu wollen und forderte ihn zum Rücktritt auf. Er sei bereit, die Kämpfe seiner Stammeskrieger "sofort einzustellen, wenn Saleh das auch tut", sagte er dem Sender El Dschasira.

El Ahmar hatte sich im März von Saleh losgesagt und auf die Seite der Regierungskritiker geschlagen. Diese fordern seit Ende Januar den Rückzug des Präsidenten. Am Sonntag war eine Einigung zwischen Saleh und der Opposition über einen Plan zum Machtverzicht erneut gescheitert. Dieser sah die Bildung einer Übergangsregierung sowie Salehs Rücktritt vor. Scheich el Ahmar ist Chef der Föderation der Hasched, des größten Stamms des Landes, dem auch Saleh angehört.

Mitarbeiter der US-Botschafter reisen aus

Das US-Außenministerium zieht wegen der Unruhen im Jemen alle nicht unbedingt für die Arbeit seiner Botschaft in Sanaa notwendigen Mitarbeiter ab. Wie das Ministerium am Mittwoch (Ortszeit) in Washington weiter mitteilte, sollen auch Familiengehörige der Diplomaten und andere US-Bürger das Land verlassen. Vor Reisen in den Jemen wurde gewarnt.

Salih ist seit 1978 an der Macht. Junge Demonstranten und die Opposition fordern seinen Rücktritt. Der Präsident hat dies jedoch bisher abgelehnt und sich auch dem wachsenden Druck der USA und der arabischen Golfstaaten widersetzt. Am vergangenen Sonntag warnte er vor einem Bürgerkrieg. Wenige Stunden später griffen die Regierungstruppen das Haus von Sadik al-Ahmar, dem Stammesführer der Haschid an. Seither liefern sich der Al-Ahmar-Clan und die Armee heftige Gefechte im Al-Hasaba-Stadtviertel, auch aus anderen Bezirken wurden Schießereien gemeldet.

Beobachter in Sanaa sind jedoch größtenteils nicht der Meinung, dass dies schon der Beginn eines Bürgerkrieges ist, da die Demonstranten und die Parteien immer noch daran festhalten, dass ihr Protest, der Anfang Februar begonnen hatte, friedlich bleiben soll.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin forderte alle Beteiligten zu äußerster Zurückhaltung auf. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen müssten beendet werden. Zugleich verlangte die Bundesregierung von Staatschef Salih, endlich den Vermittlungsvorschlag der Golfstaaten für einen geordneten Machtwechsel zu unterzeichnen. Salih dürfe nicht weiter auf Zeit spielen, sagte der Sprecher. Dies schade dem jemenitischen Volk und der gesamten Region. Zeige sich Salih weiterhin starrsinnig, werde Deutschland entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.