Ewigkeitschemikalien in den USA: Elf Milliarden für Umweltschäden

Der US-Konzern 3M will in einem Rechtsstreit nun Geld bezahlen, weil er für die Verschmutzung von Wasser verantwortlich ist.

Eine Fabrik an einem Flussufer

Die Firma 3M verwendet PFAS um Klebstoffe, Schleifpapier und IT-Technik herzustellen Foto: Jason Wambsgans/ZUMA Wire/imago

BERLIN taz | Vom Pizzakarton über Laptops bis hin zur Regenjacke. All diese Produkte sollen haltbar und wasserfest sein. Viele von ihnen enthalten deshalb sogenannte Ewigkeitschemikalien, die teilweise Jahrhunderte brauchen, um sich zu zersetzen. Die Verwender dieser per- und polyfluorierten Chemikalien (PFAS) verschmutzen damit weltweit das Wasser. Einer von ihnen ist der US-Konzern 3M. Er hat sich jetzt zu einer Zahlung von umgerechnet etwa 11,4 Milliarden Euro bereit erklärt, um Rechtsstreitigkeiten mit Wasserversorgern beizulegen.

Zur Gruppe der PFAS gehört eine Vielzahl von Substanzen. Der Konzern 3M verwendet sie, um Klebstoffe, Schleifpapier und IT-Technik herzustellen.

Das Problem: PFAS sind stark gesundheitsschädlich. Die Stoffe stören den Hormonhaushalt. Studien weisen darauf hin, dass sie krebserregend sind und Diabetes auslösen können. Bei belasteten Ratten zeigte der Chemieriese DuPont bereits in den 1960er Jahren, dass sich die Leber vergrößerte.

Und das Gift ist weit verbreitet: Allein in Deutschland lässt sich an 1.500 Orten PFAS nachweisen. Das zeigte eine aktuelle Recherche von NDR, WDR und der SZ. Sie gelangen durch vielfältige Wege in das Wasser, etwa durch Abwasser von Fabriken, die Verteilung von belasteten Produkten als Düngemittel auf Feldern. Bei der aktuellen Klage in den USA ging es um Löschschäume, die auf Militärgeländen und Flugplätzen verwendet wurden und über Jahrzehnte ins Trinkwasser gelangten.

17 Milliarden Euro Schäden

Das Geld, das 3M als Vergleich zahlen will, soll Technologien voranbringen, die Chemikalien filtern können. Auch Wasseranalysen sollen damit finanziert werden. Zuvor muss sie allerdings durch ein Bundesgericht genehmigt werden.

Der Vergleich sei ein bedeutender Schritt, findet der amerikanische Umweltanwalt Robert Bilott. Endlich kämen “die für die Kontamination der Trinkwasserversorgung verantwortlich sind, für den Schaden auf – und nicht die Opfer.“ Der US-Anwalt vertritt derzeit zahlreiche Wasserversorger im ganzen Land, die durch Ewigkeitschemikalien geschädigt wurden.

Fünf europäische Staaten, darunter Deutschland, haben Anfang des Jahres dafür gestimmt, PFAS in Europa komplett zu verbieten. Denn schon jetzt sei die Sanierung von betroffenen Orten extrem teuer, zeigt eine Studie des Nordischen Ministerrats. Bis zu 11 Milliarden Euro pro Jahr würde die Sanierung allein in Europa kosten, schätzt der Rat – und davon sind die Folgen für die Gesundheit noch ausgenommen. Diese sind laut dem Bericht des Nordischen Ministerrats um einiges höher, sie liegen zwischen 52 und 84 Milliarden Euro.

Neue Technologien

„Sanierungen sind extrem schwierig und häufig wenig effektiv; denn PFAS lassen sich aus Wasser und Boden nur schwer wieder entfernen“, ergänzt Luise Körner von der Abteilung Stoffe und Technologien des Umweltverbandes BUND.

Hoffnung gibt eine neue Studie der University of British Columbia. For­sche­r*in­nen haben dort in diesem Jahr ein absorbierendes Material entwickelt, das PFAS im Wasser bindet und mithilfe von biochemischen und elektrochemischen Verfahren zerstört werden kann. Im Gegensatz zu bisherigen Technologien kann dieses Material bis zu 99 Prozent der Substanzen filtern. Es wird aktuell in mehreren Feldstudien in Kanada getestet.

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