Feministischer Kampftag in Argentinien: „Vor Milei haben wir keine Angst“

Die Frauenbewegung demonstriert in Buenos Aires gegen den libertären Präsidenten – im Schulterschluss mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis.

Eine Frau mal einer anderen Frau im lila T-Shirt dasFrauensymbol auf das Gesicht

Wollen sich von Präsident Milei nicht die Butter vom Brot nehmen lassen: Teilnehmerinnen der Frauentagsdemo in Buenos Aires am 8. März Foto: Irina Dambrauskas/reuters

BUENOS AIRES taz | Am Frauentag demonstrierten Zehntausende Menschen in ganz Argentinien gegen die Regierung von Präsident Javier Milei. „Wir waren eine Flut und werden ein Tsunami sein“, verkündeten sie in Anspielung auf die ‚marea verde‘, die grüne Flut, wie die wachsende Frauenbewegung in den vergangenen Jahren genannt wurde.

Richteten sich die Kundgebungen der Bewegung bisher vor allem gegen sexualisierte Gewalt und für das Recht auf Abtreibung, standen diesmal auch Mileils rigorose Sparpolitik, die soziale Krise und die Entlassungen im öffentlichen Dienst ganz oben auf der Agenda.

Die größte Kundgebung fand vor dem Kongressgebäude in der Hauptstadt Buenos Aires statt. Viele waren mit einem grünen Halstuch gekommen, dem Symbol der Kampagne für eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung. Die Demonstrierenden kritisierten das massive Auftreten der Polizei, die nicht nur das Kongressgebäude absperrte, sondern auch in den Seitenstraßen rund um den Platz vor dem Kongress aufmarschiert war.

„Wir haben es mit einer autoritären Regierung zu tun, einer patriarchalischen Reaktion, die von der Kettensäge spricht, um einen systematischen Plan der Ausplünderung und des Hungers zu feiern und die Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes zu zerstören“, heißt es in der Erklärung eines breiten Bündnisses aus Frauengruppen, Gewerkschaften, Nachbarschaftsversammlungen, Studierendenverbänden, sozialen Basisorganisationen und politischen Parteien. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatten sie wieder vereint zum Protest auf den Platz vor dem Kongress aufgerufen.

In den drei Monaten seiner bisherigen Amtszeit hat Präsident Milei das Ministerium für Frauen, Gleichstellung und Vielfalt zu einem Unterstaatssekretariat für den umfassenden Ansatz gegen geschlechtsspezifische Gewalt herabgestuft, das Nationale Institut gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus (INADI) aufgelöst und die Verwendung einer integrativen Sprache in der öffentlichen Verwaltung verboten.

Kongressabgeordnete seiner Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) hatten angekündigt, das seit 2021 geltende Gesetz, das eine freiwillige Abtreibung in den ersten 14 Schwangerschaftswochen erlaubt, aufheben zu wollen. Eine breite Bewegung hatte über 15 Jahre für das Gesetz gekämpft. Mileis Gegnerschaft zu dem Gesetz ist bekannt. Für ihn beginnt die Freiheit des Individuums mit der Empfängnis, und diese sollte geschützt werden, so seine libertäre Argumentation.

Der Präsident hatte schon vor Wochen die Stimmung gegen die Frauenbewegung angeheizt. „Das Einzige, was die Agenda des radikalen Feminismus erreicht hat, ist mehr staatliche Intervention, um den Wirtschaftsprozess zu behindern, um Bürokraten zu beschäftigen, die nichts zur Gesellschaft beitragen, sei es in Form von Frauenministerien oder internationalen Organisationen“, hatte Milei bei seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum in Davos im Januar verkündet.

Und als wäre das alles noch nicht genug, verkündete Präsidentensprecher Manuel Adorni am Frauentag die Umbenennung des ‚Salón de las Mujeres‘ (Saal der Frauen) im Präsidentenpalast in ‚Salón de los Próceres‘ (Saal der Helden). „Die Tatsache, dass es einen Frauensaal gibt, kann sogar diskriminierend für Männer sein“, erklärte Adorni die Anweisung der Generalsekretärin und Schwester des Präsidenten, Karina Milei, die alle nur ‚el Jefe‘ – der Chef – nennen dürfen.

Am Morgen nahmen rund 300 Frauen an einem Schweigemarsch durch das Stadtviertel Palermo teil. Dazu aufgerufen hatte das Foro Argentino contra el Antisemitismo. In Schwarz gekleidet und mit roten Schuhen gedachten sie der Opfer und Geiseln der Terrororganisation Hamas in Israel. „Die Vergewaltigung von Frauen ist ein Symbol dafür, dass man der Kontinuität eines Volkes ein Ende setzen will. Der Hass auf Israel ist eine Gewalt gegen Juden, die sich in vielerlei Hinsicht manifestiert“, erklärte eine der Teilnehmerinnen.

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Dieser Text ist Teil der Sonderausgabe zum feministischen Kampftag am 8. März 2024, in der wir uns mit den Themen Schönheit und Selbstbestimmung beschäftigen. Weitere Texte finden Sie hier in unserem Schwerpunkt Feministischer Kapmpftag.

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