Fernanalyse der Sarkozy-Liaison: "Erhöhte Peinlichkeit"

Herrscher inszenieren sich immer medial, sagt die Historikerin Helga Schnabel-Schüle. Die öffentliche Liebe des französischen Präsidenten Sarkozy sei keine Ausnahme.

Und Sarkos Mutter sagt: "Mein Sohn kann alle haben." Bild: reuters

taz: Der französische Präsident Nicolas Sarkozy zeigt sich nun in der Öffentlichkeit turtelnd mit seiner neuen Freundin Carla Bruni. Der Mann, der seine schöne Frau im Arm hält. Was sollte beachtet werden, wenn man sich so auffällig medial inszeniert?

Helga Schnabel-Schüle: Wichtig ist, dass es einen gewissen Code gibt, wenn sich Männer mit Frauen medienwirksam ins Bild setzen wollen. Der klassische Code im öffentlichen Raum: es muss eine schöne Frau sein. Mit einer intelligenten, aber unattraktiven wäre die Kampagne gescheitert. Was aber spannend bei Sarkozy ist, dass es gleichzeitig auch ein bisschen Familie sein muss. Der Sohn auf den Schultern vor der Kulisse rundet das Bild ab. Die schöne Frau reicht nicht. Er muss auch der gute Stiefvater sein. Für eine Frau brächte es keinen medialen Gewinn, wenn sie sich mit einem schönen Mann zeigt. Eher mit einem mächtigen. Das hat eine lange kulturelle Tradition. Wenn wir ehrlich sind, können wir uns diesen Wahrnehmungsmustern alle nicht ganz entziehen.

Was bedeutet das für das heutigeFrauenbild?

Vermittel wird: Frauen unterstützen Männer. Die Kehrseite davon ist: Männer bedürfen der weiblichen Unterstützung. Es ist gerade eine historische Konstante, dass die Frau die Hosen anhaben kann, es aber nicht nach Außen zeigen darf. Wenn das nach Außen leckt, muss das Bild richtig gezurrt werden. Sarkozy nimmt sich einfach ein Muster, dass erprobt und öffentlichkeitswirksam ist. Hillary Clinton hat auch versucht, sich an ein Muster zu halten. Ich habe einen US-Präsidenten als Mann, der schon Erfahrung im Amt ist. Ich stehe für die Expertise. Ich muss mich nicht einarbeiten. Inzwischen könnte man auch sagen, Frau Clinton hätte ihren Mann besser im Hotel gelassen. Aber irgendwer muss gesagt haben, dass das Muster erfolgreich sein würde.

Die Mutter von Sarkozy sagt ja nun, er habe keine Schwierigkeiten eine Neue zu finden, hätte eher die Qual der Wahl.

Das ist immer das ganz Spannende. Dass Mütter, die ja auch Frauen sind, nicht mehr ihre eigene Geschlechtsidentiät reflektieren. Oft bedienen sie noch in ganz besonderer Art und Weise ein herkömmliches Frauenbild. Wenn sie jetzt sage "Mein Sohn kann alle haben", erhöht das natürlich die Peinlichkeit. Bei Männern in Sarkozys Alter melden sich Mütter gewöhnlich nicht mehr zu Wort. Um das zu kompensieren muss er sich jetzt wieder lauter melden.

Mit seiner Politik macht er ja weniger Schlagzeilen momentan, eher durch seine Frauengeschichten? Was bedeutet diese Inszenierung?

Das ist das, was man kritisch beobachten muss. Ist das eine gezielte Ablenkung von seiner Politik? Ich glaube, die ganze Inszenierung wird nicht aufgehen, und das stimmt doch optimistisch. Erfolgreich kann er damit nur bei Männern sein. Es wäre spannend, den männlichen Blick auf diese Dinge einzufangen.

Steht diese Inszenierung in einer Tradition von Herrschaftsinzenierungen?

Ja, ganz klar. Herrscher haben sich immer schon inszeniert. Denken Sie an Friedrich II. Er hatte ja keine Familie und ließ sich immer mit dem Philosophenkreis abbilden. Friedrich Wilhelm III. hat sich mit seiner Frau Louise und seinen Kindern abbilden lassen. Das war eben der Wechsel im Herrschaftsbild. Er inszenierte sich als Herrscher der Familie und damit als Repräsentant des neuen Bürgertums. In einer Medienöffentlichkeit, darf man niemanden die mediale Inszenieren vorwerfen.

Was bedeutet dieses öffentliche Turteln?

Diese Heiratsgeschichten sind wieder so ein Tribut an die Öffentlichkeit, die sich Stabilität wünscht. Da muss man bereit sein, eine Affäre in eine Ehe umzuwandeln. Joschka Fischers häufige Heiraten, können doch auch daran liegen. So etwas wie eine familiäre Ordnung ist auch in der Politik ein großer Wert.

Sie heiraten also nicht, um dem Protokoll beim Indienbesuch gerecht zu werden?

Für öffentliches Auftreten bringt das Heiraten schon Punkte. Aber das ist ja immer eine Melange aus verschiedenen Gründen. Sarkozy hat ja auch mit seiner Ehe Wahlkampf gemacht, als sie schon zerrüttet war. Diese Strategie ist ja Teil seiner Taktik. Das indische Protoll wird eine Rolle spielen, aber nicht alleine. Mit dem Heiraten markiert man zudem auch: Das ist meine Frau. Nicht nur eine schöne, sondern meine.

Gefährdet das nicht die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau?

Inhaltlich sehe ich darin keine Gefährdung der Gleichberechtigung. Da würde man dem Ganzen Rummel um Sarkozy und seiner Freundin viel zu viel Macht einräumen.

INTERVIEW NATALIE TENBERG

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