Film über Überbevölkerung: Die 7.000.000.000

Gibt es zu viele Menschen auf der Erde? Der Film „Population Boom“ stellt fest: Ganz andere Dinge sind überflüssig.

Woher kommt die Denkweise, es gebe zu viele Menschen? Bild: dpa

DEUTSCHLAND zeo2 | „Ich glaube nicht an Überbevölkerung“ – für seinen neuen Film „Population Boom“ nimmt sich der österreichische Regisseur Werner Boote ein Zitat von John Lennon aus dem Jahr 1971 als Arbeitshypothese vor. Und Glauben steht durchaus im Zentrum dieses Films. Boote ist international bekannt geworden mit der viel beachteten Dokumentation „Plastic Planet“. Darin folgte er den Wegen des künstlichen Gerümpels rund um den Erdball. Nun hat er sich die Verursacher von „Plastic Planet“ vorgenommen: die Menschen.

Von denen gibt es viel zu viele, tönt es seit Jahrzehnten aus Studien und Fernsehern. Der Glaube: Der Mensch vermehrt sich ungehindert und frisst alles kahl, vor allem der in den Entwicklungsländern. Am Ende sind die Ressourcen alle und die Menschheit stirbt aus.

Boote schaut sich in seinem Film selbst mit der Kamera zu, wie er mit dieser Denkweise aufräumt und fragt: Wer verbraucht was wie, wann und in welcher Größenordnung? Und wer entscheidet, wo es zu viele Menschen gibt? Er steigt an einem denkwürdigen Tag ein: dem 31. Oktober 2011. Der UNO-Generalsekretär verkündet gerade die Geburt des siebenmilliardsten Menschen und nutzt das zu einem Verweis auf Mord, Totschlag und den Klimawandel.

Überbevölkerung sei das größte Übel der Zeit. Dort, wo Kinder für ihre Eltern im Alter sorgen müssten, tue dies allerdings niemand. Woher kommt also die heutige Denkweise, es gebe zu viele Menschen? Erste Ansätze lassen sich beim Ökonomen Thomas Malthus im 18. Jahrhundert finden.

Nicht überbevölkert, sondern voll

Wichtiger aber sei, dass die USA im Jahr 1974 Pläne entwickelt hätten, die Zahl der Menschen außerhalb der eigenen Landesgrenzen zu reduzieren. Denn viele junge Leute, so die Überlegung, stellen eine ideale Brutstätte des Kommunismus dar – die Geburtsstunde der globalen Bevölkerungspolitik. Der Verdacht liegt nahe: Von Überbevölkerung sprechen – wie im Film etwa CNN-Gründer Ted Turner – vor allem die Superreichen, die, wenn man nachrechnet, die meisten Ressourcen verpulvern.

„Population Boom“, Regie: Werner Boote, Kinostart: Donnerstag, 27. März 2014.

 

Vorpremiere und Gespräch zeo2 mit Werner Boote: Am Mittwoch, 26. März, um 20:30 im Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30, 10178 Berlin.

 

Tickets für die Vorpremiere können Sie noch am 26. März bis 18 Uhr unter kino@zeozwei.de vorbestellen. Ein Ticket kostet 8 Euro.

Andere, wie der kenianische Soziologe Ndirangu Mwaura, sprechen von „Überfüllung“: Die Slums von Nairobi seien nicht überbevölkert, sondern voll. Für die anwesenden Menschen gebe es zu wenig Land, und das gehöre der Oberschicht. „Wir sollten mehr in Menschen investieren statt in Aktien“, sagt Mwaura.

Das Problem liege nicht in einem Zuviel an Menschen, sondern in einem Zuwenig an Verteilungsgerechtigkeit. Reiche! Die einzig echte Problemgruppe auf der Welt. Eine radikale Minderheit terrorisiert die Weltbevölkerung. Die gesellschaftlichen Kosten sind immens. Ölverbrauch und CO2-Ausstoß – ein US-Amerikaner produziert 16.000mal mehr Treibhausgas als ein Sudanese. Fazit: Es braucht keine Geburtenkontrolle für Menschen, wohl aber eine für Autos. „Population Boom“ ist ein engagiertes Loblied aufs Menschsein.

Jürgen Kiontke, den Inhalt können Sie gerne auf unserer Facebook-Seite diskutieren. Der Artikel erscheint in der neuen Ausgabe zeo2 2/2014, nun am guten Kiosk und im eKiosk der taz erhältlich.