Finanzpolitik der Ampel-Regierung: Via Trampelpfad zum Geld

Die Ampelkoalition hat Großes vor – und ein Finanzierungsproblem. Um die Schuldenbremse einzuhalten, greift sie auf Tricks zurück.

Neufahrzeuge stehen aufgereiht auf einem Parkplatz.

Wer finanziert das? Viele Elektroautos brauchen viele Ladesäulen: Neufahrzeuge bei VW in Zwickau Foto: Jan Woitas/dpa

BERLIN taz | Etwa 450.000 Elektroautos rollen auf Deutschlands Straßen. Bis 2030 sollen es 15 Millionen sein, hat sich die neue Ampelregierung vorgenommen. Eine deutliche Steigerung, aber es ist auch klar: Deutschland hat seinen Verkehr in den vergangenen 30 Jahren nicht klimafreundlicher gemacht, jetzt muss also viel passieren. Neben willigen Au­to­käu­fe­r:in­nen und -leiher:innen braucht es dafür viele Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, doch die Privatwirtschaft ist zögerlich. Solange die Zahl der E-Autos überschaubar ist, lohnt sich das Geschäft nicht ausreichend. Es wäre ein klassischer Fall für den Aufbau einer soliden öffentlichen Infrastruktur – nur hat die Bundesregierung ein Finanzierungsproblem.

Um das zu lösen, will die Bundesregierung also teilweise nicht den Bürgersteig nehmen, sondern Trampelpfade. Sprich: Statt Geld aus dem Bundeshaushalt freizugeben, bei dem ab 2023 wieder eine Schuldenbremse und damit auch Investitionsbremse greift, will sie über Umwege Geld beschaffen.

Das geht zum Beispiel über öffentliche Unternehmen, die nicht von der Schuldenbremse betroffen sind. Ein solches kann sich der neue Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) etwa für den Ladesäulenausbau vorstellen. In anderen Fällen gibt es die Konzerne natürlich schon, etwa die Deutsche Bahn, die neue Kredite für den Schienenausbau aufnehmen darf, ohne das öffentliche Schuldenlimit zu sprengen. Letzteres will vor allem die FDP nicht zulassen, die mit Finanzminister Christian Lindner in der Frage auch die Oberhand hat.

Der hat am Montag einen weiteren Finanzierungstrampelpfad umgesetzt, der im Ampelkoalitionsvertrag vorgezeichnet war: die Umschichtung von 60 Milliarden Euro, die eigentlich in Coronahilfen fließen sollten, aber nicht abgegriffen wurden. Das Bundeskabinett nahm Lindners Nachtragshaushalt an, nach dem das Geld nun in den Energie- und Klimafonds fließt.

Der Fonds wurde 2010 als Sondervermögen des Bundes eingerichtet. In ihn fließen die Einnahmen, die der Bund durch die Versteigerung der CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel erhält. Kraftwerksbetreiber und Industrieunternehmen zahlen für jede Tonne Kohlendioxid im Europäischen Emissionshandel – und damit auch in den Fonds.

Die sogenannten Schattenhaushalte

Außerdem nimmt Deutschland durch den nationalen Emissionshandel Geld für den Fonds ein, wo man auch für Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen einzahlen muss. Vor allem soll der Fonds Hilfe leisten für die ökologische Gebäudesanierung, erneuerbare Energie und Effizienz.

Solche Umwege bei der öffentlichen Finanzierung sind nicht unumstritten, weil der Bundestag sie nicht kontrolliert. Negativ konnotiert ist deshalb oft von Schattenhaushalten die Rede. Laut einer Berechnung des Thinktanks Agora Energiewende vom November könnte der Trick immerhin zum Ziel führen, also genug Geld mobilisieren. „Der Klimaerfolg hängt maßgeblich von der Finanzplanung der neuen Bundesregierung ab“, sagte deren damaliger Chef Patrick Graichen. Der hat mittlerweile etwas direkteren Einfluss. Er ist jetzt Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium.

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