Flora-Fauna-Habitat: Die EU schützt Wölfe in Schweden

Stockholm stoppt die Hatz auf Wölfe – doch nur ein bisschen. "Schutzjagd" ist weiter erlaubt. Schweden war für das Abschießen von Wölfen bei der EU angezeigt worden.

Verboten auf Druck der EU-Kommission: Die Jagd auf Wölfe. Bild: dapd

STOCKHOLM taz | Schweden hatte keine Chance. Der Verstoß gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU zum Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen war eindeutig. Angesichts der Drohung, das vom EU-Gericht auch schriftlich bestätigt zu bekommen, gab Stockholm nun klein bei und stoppt die umstrittene Jagd auf Wölfe.

Im Winter 2010 hatte man diese nach 45 jagdfreien Jahren auf Druck der Jagdlobby wieder aufgenommen. Obwohl der instabile Wolfsbestand im Land mit derzeit rund 200 bis 250 Tieren bedroht ist.

Das Einknicken der schwedischen Regierung kommt buchstäblich in letzter Minute. Mitte Juni hatte die EU-Kommission Stockholm eine Frist von zwei Monaten gesetzt, die diesjährige Jagd abzublasen – ansonsten würde man vor dem Gericht in Luxemburg landen. Bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wäre Schweden die Jagd von der Kommission dann verboten worden, so dass Stockholm keine Wahl blieb.

"lokale und regionale Belange"

Vertreter der drei Naturschutzvereinigungen, die Stockholm wegen der Wolfsjagd bei der EU-Kommission angezeigt hatten, begrüßten den jetzigen Schritt. Nun sei es auch Zeit, dass Umweltminister Andreas Carlgren zurücktrete, hieß es. Der Minister hatte die Auffassung vertreten, die Jagd sei eine nationale Angelegenheit Schwedens, in die sich die EU nicht einzumischen habe. Seine Forderung, "lokale und regionale Belange" müssten ausschlaggebend sein, traf sich mit den Wünschen der vorwiegend ländlichen Wählerschaft seiner Zentrumspartei. Für Schwedens JägerInnen hatte sich die Wolfsjagd zu einem ebenso populären wie makabren Spektakel entwickelt: 2010 hatten sich 12.000 Jäger für die Jagd auf 27 Wölfe angemeldet, im vergangenen Jahr fast 6.900 für 20 zum Abschuss freigegebene Tiere.

Dabei fehlte es Stockholm an Argumenten für die Jagd. Von der EU-Kommission zu einer Begründung aufgefordert, reichte die Regierung drei Mal das gleiche Papier ein, nach dem mit der Jagd angeblich die "Akzeptanz" von Wölfen in der Bevölkerung steigen werde. Brüssel hatte dies bereits beim ersten Mal als irrelevant abgewiesen.

Viel friedlicher wird es wohl nicht

Viel friedlicher wird es für Schwedens Wölfe trotz des Jagdstopps vermutlich nicht werden. Die "Schutzjagd" einzelner Tiere, die "Unannehmlichkeiten" für Mensch oder Haustier hervorrufen können, lässt auch die Habitat-Richtlinie zu. Landwirtschaftsminister Eskil Erlandsson kündigte bereits an, man werde nun eben in der Praxis die Gründe für solche Schutzjagd erweitern. In Zukunft werde diese nicht nur Einzelexemplare, sondern Rudel umfassen. Und Schweden, das sich sonst als Anwalt des Schutzes der biologischen Vielfalt geriert, fordert von der EU eine "Reform" der Naturschutzrichtlinie, damit Regierungen mehr Rücksicht auf lokale Belange und durch den Raubtierbestand ausgelöste Konflikte nehmen könnten.

Dabei sind nicht die legale Jagd, sondern neben dem Autoverkehr vor allem die Wilderei die eigentliche Bedrohung für Schwedens wenige Wölfe. Nach einer in dieser Woche veröffentlichten Studie geht die Mehrzahl aller getöteten Wölfe auf deren Konto. Ohne Wilderei wäre der Wolfsbestand mit 1.000 Tieren mittlerweile viermal so hoch. Und Umweltschützer befürchten, dass "Abknallen, vergraben und den Mund halten" - so der Titel der Wildereistudie - nach dem jetzigen Jagdstoppbeschluss noch zunehmen wird.

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