Flüchtlingszuwanderung in Deutschland: Weise will Asyl-Fabriken

6.000 Asyl-Entscheidungen täglich müsste das Bundesamt für Migration schaffen, um die Anträge abzuarbeiten. Neue „Ankunftszentren“ sollen helfen.

In einer Turnhalle stehen Feldbetten und Tische in Reihen, einige Flüchtlinge sind zu sehen

Wer hier landet, hofft auf schnelle Asylverfahren: Notunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern Foto: dpa

BERLIN taz Der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, übte sich am Freitag in Optimismus. Bis zu 1,2 Millionen Anträge auf Asyl könne das Amt in diesem Jahr entscheiden, sagte er in Berlin. Mehr Personal, bessere Technik und die Einrichtung von neuen „Ankunftszentren“ sollen dazu beitragen.

Derzeit liegen beim Bundesamt 370.000 unerledigte Anträge auf Asyl, hinzuzählen muss man die geschätzt 300.000 bis 400.000 Flüchtlinge, die bereits nach Deutschland eingereist sind, aber noch keinen Asylantrag stellen konnten. Wenn in diesem Jahr noch 500.000 Neuankömmlinge dazukommen, errechnet sich die Zahl von etwa 1,2 Millionen Fällen, die bearbeitet werden müssen. Für die Situation, dass mehr Flüchtlinge nach Deutschland einreisen, wollte Weise „keine Prognose“ abgeben.

Um mehr als eine Million Anträge zu bewältigen, müsste das Bundesamt „6.000 Entscheidungen pro Tag“ schaffen, rechnete Weise vor. Im Dezember lag die Tagesquote erst bei 2.000 Entscheidungen pro Tag.

Das Personal des Bundesamtes soll bis Mitte des Jahres auf 6.300 Beschäftigte plus weitere 1.000 abgeordnete Mitarbeiter aus anderen Behörden aufgestockt werden. Um den großen Bedarf an Dolmetschern zu befriedigen, wolle man Dolmetscher künftig auch per Video zu den Anhörungen dazu schalten, erklärte Weise. Vor allem aber sollen 20 neue „Ankunftszentren“ für Neuankömmlinge die Verfahren beschleunigen.

Verfahren in 48 Stunden

Dort wird dann sofort nach Flüchtlingen aus „sicheren“ oder „unsicheren“ Herkunftsländern unterschieden. Asylbewerber aus „sicheren“ Ländern sollen bis zum Ende ihres Verfahrens in sogenannten „Wartezonen“ des Ankunftszentrums bleiben und dann nach Ablehnung des Antrags in ihr Heimatland zurückgebracht werden.

Asylbewerber aus „unsicheren“ Ländern mit guter Bleibeperspektive sollen innerhalb von 48 Stunden das Asylverfahren durchlaufen. In den verbleibenden „komplexen“ Fällen werde der Asylsuchende in den folgenden Tagen in die zuständige Aufnahmeeinrichtung weitergeleitet und „durchläuft das Verfahren in der zugeordneten BAMF-Außenstelle“, heißt es in der Broschüre zum neuen „integrierten Flüchtlingsmanagement“, die vom BAMF vorgestellt wurde.

Asylrechtsanwalt Bernward Ostrop bezweifelte in einer Veranstaltung des Mediendienstes Integration am Freitag, dass man mit den geplanten Turboverfahren den „individuellen Fällen“ gerecht werden könne. Rechtsprofessorin Astrid Wallrabenstein aus Frankfurt befürchtete Parallelen zur Einrichtung der Jobcenter vor zehn Jahren, die auch nicht zu einer Vereinfachung der Verfahren, sondern zu rechtlichen Komplikationen führte.

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