Flutkatastrophe in Italien: Verwüstung nach Rekordregen

In 36 Stunden fiel in der Region Emilia Romagna rund ein Drittel des üblichen Jahresniederschlags. Bisher sind mindestens neun Menschen gestorben.

Feuerwehrleute stehen bis zur Hüfte im Wasser und schieben einen Mann auf die Ladefläche eines Lastwagens

Feuerwehrleute retten einen älteren Mann aus dem überfluteten Dorf Castel Bolognese Foto: Luca Bruno/ap/dpa

ROM taz | Heftige Regenfälle am Dienstag und Mittwoch haben in der norditalienischen Region Emilia Romagna bisher neun Todesopfer gefordert und Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Aufgrund zahlreicher Deichbrüche entlang der Flussläufe stehen ganze Städte und Dörfer unter Wasser, während Erdrutsche Straßen unterbrachen und Dörfer von der Außenwelt abschnitten.

Binnen 36 Stunden fielen vom Montagabend an etwa 200 Liter Niederschläge pro Quadratmeter, fast ein Drittel der Jahresdurchschnittsmenge. Sie addieren sich zu dem schweren Unwetter, das die Region nur zwei Wochen zuvor heimgesucht hatte – seit Anfang Mai fiel damit fast die Hälfte des üblichen Jahresniederschlags. Es war ein Unglück mit Ansage: Schon am Montagvormittag hatten die Behörden eine Unwetterwarnung mit höchster Alarmstufe herausgegeben und die Bür­ge­r*in­nen aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Zahlreiche Gemeinden der Region hatten vorsorglich die Schließung der Schulen verfügt.

Die frühe Warnung dürfte in vielen Fällen lebensrettend gewesen sein, an der Schwere der Katastrophe konnte sie jedoch nichts ändern. An insgesamt 21 der Flüsse, die vom Apennin hinunter in die Po-Ebene Richtung Adria verlaufen, brachen, teils über Kilometer hinweg, die Deiche, wurden ganze Landstriche und Städte unter Wasser gesetzt.

Apokalyptisch muten die Bilder zum Beispiel aus den Städten Faenza und Forlì an. Dort sind ganze Straßenzüge, ja Stadtviertel geflutet, stehen die Häuser bis zum ersten Stock unter Wasser, sind die Rettungseinheiten mit Schlauchbooten unterwegs, um die Menschen aus ihren Wohnungen zu bergen.

Vergleiche zum Erdbeben 2012

Aufsehen erregte das Video einer Frau, die – ihren dreijährigen Sohn auf dem Arm – vor ihrem Haus bis zum Hals im Wasser steht. Sie ruft verzweifelt um Hilfe, bis einige Nachbarn durch die Flut zu ihr waten, sie und ihr Kind retten.

Oder auch die Aufnahmen von einem Mann, der in letzter Minute dank der Hilfe von Rettern durch das kleine Fenster seines im Souterrain gelegenen und schon völlig mit Wasser vollgelaufenen Büros entkommt.

Acht Menschen jedoch ertranken in den Fluten, während ein Mann in seinem Garten von einem Erdrutsch begraben wurde. Die Leiche einer Frau wurde über 20 Kilometer mitgerissen, bis zum Strand von Cesenatico, wo sie schließlich aufgefunden wurde.

Feuerwehr, Armee und Polizei im Einsatz

Etwa 13.000 Bür­ge­r*in­nen wurden bisher evakuiert, doch die Regionalverwaltung geht von deutlich höheren Zahlen aus, da viele bei Verwandten oder Freunden unterkamen. Der Präsident der Region, Stefano Bonaccini, erklärte am Mittwoch, die Flutkatastrophe sei „wie ein zweites Erdbeben“ und spielte damit auf das Beben an, das fast exakt vor elf Jahren, am 20. Mai 2012, die Emilia heimgesucht hatte.

In der Tat wurde nicht nur die Infrastruktur, wurden Deiche, Straßen, Brücken schwer beschädigt. Tausende Wohnungen sind vollkommen verwüstet, und in vielen Agrarbetrieben ist ein kompletter Ernteverlust zu erwarten. Der Bauernverband Coldiretti sprach von 5.000 Landwirtschaftsbetrieben, deren Felder, Obstplantagen oder Gewächshäuser geflutet wurden.

Während in der Ebene zur Adriaküste hin die Fluten das Desaster verursachten, haben die hügeligen Zonen im Hinterland mit den Folgen von rund 250 Erdrutschen zu kämpfen, die zahlreiche Straßen wegrissen oder zuschütteten.

Tausende Hel­fe­r*in­nen des Zivilschutzes, der Feuerwehren, der Armee und der Polizei sind im Einsatz. Unbeeindruckt jedoch zeigen sich die Veranstalter des ausverkauften Konzerts von Bruce Springsteen, zu dem für Donnerstagabend 50.000 Zuschauer in Ferrara erwartet wurden. „The Boss“ solle wie geplant auftreten, hieß es am Donnerstagmittag, schließlich seien die Wettervorhersagen positiv.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.