Frankreichs EU-Ratspräsidentschaft beginnt: Gegenwind für Sarkozy

Am Dienstag übernimmt Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft. Gut sieht es für Sarkozys ambitionierte Pläne nicht aus.

Da muss er jetzt wohl durch: Nicolas Sarkozy hat eine Pechsträhne. Bild: dpa

PARIS taz Ein Jahr nachdem er die Präsidentschaft in Frankreich übernommen hat, tritt Nicolas Sarkozy am Dienstag auch jene in der Europäischen Union an. In den kommenden sechs Monaten wird er seine Steckenpferde und seinen Politikstil von der nationalen in die europäische Arena tragen. Unter anderem betreibt er einen europäischen "Migrationspakt", eine Militarisierung der EU-Politik und eine Förderung der Atomenergie. Alles nach französischem Vorbild.

Zugleich strebt er - mit der "Mittelmeerunion", die am 13. Juli in Paris aus der Taufe gehoben wird - eine Südverlagerung der EU an. Und er will versuchen, die EU mit Steuersenkungen, gezielten Subventionen und Arbeitsmarktinitiativen schmackhafter für ihre BürgerInnen zu machen.

Doch die Ratspräsidentschaft beginnt unter einem ungünstigen Stern für Sarkozy. Sowohl national als auch international erlebt er eine Pechsträhne: Zu Hause ist das Wachstum auf 1,6 Prozent geschrumpft, sinkt die Kaufkraft und rumort es an der Front der Spritrebellen. International musste Sarkozy schon vor dem Beginn seiner Ratspräsidentschaft mehrere Schlappen einstecken: den Widerstand gegen sein Projekt einer Mittelmeerunion; die spanische Kritik an seiner Einwanderungspolitik; die aus Mali kommende Kritik an seinem bilateralen Vertragsmodell, das Entwicklungshilfe als Gegenleistung für Abschiebungen vorschlägt; und - als bislang schwerste Niederlage überhaupt - die irische Ablehnung des EU-Vertrags, den er zusammen mit Angela Merkel entwickelt hat. Sarkozy wollte als Vater dieses Vertrages in die EU-Geschichte eingehen. Jetzt muss er die Krise in der EU verwalten.

Das diplomatische Glanzstück der französischen Ratspräsidentschaft soll die Mittelmeerunion werden. Doch nachdem Sarkozy sein Konzept zunächst wegen des Widerstands aus Berlin verändern musste, beäugen jetzt zahlreiche südliche Mittelmeeranrainer - von Ankara bis nach Algier - das Projekt misstrauisch. Der libysche Staatschef Ghaddafi, den Sarkozy vor einem halben Jahr in Paris hofiert hat, nennt die Mittelmeerunion einen "Angriff auf die arabische und afrikanische Einheit". In diesen Tagen versuchen reisende Emissäre von Sarkozy, die Spitzen der südlichen Mittelmeeranrainer doch zur Teilnahme an dem Gründungsgipfel zu bewegen.

In der Migrationspolitik hat Sarkozy zu Hause bereits als Innenminister eine reine Zahlen- und Polizeilogik eingeführt. Als Staatspräsident setzt er sie fort. Als Geste an seine Wähler aus dem rechtsextremen Lager schuf er ein Ministerium, das sich zugleich mit Einwanderung und "nationalen Identität" befasst. Und er gab Minister Brice Hortefeux den Auftrag, jährlich mindestens 25.000 Ausländer aus Frankreich abzuschieben. Seither nehmen die Razzien zu und sind Frankreichs Abschiebegefängnisse überfüllt. Aufenthaltsbewilligungen von Ausländern ohne Papiere - von denen nach Schätzungen Hunderttausende in Frankreich leben und arbeiten - lehnt Sarkozy ab. Er propagiert stattdessen eine "ausgewählte Einwanderung", die nur in Einzelfällen nachträgliche Aufenthaltsgenehmigungen vorsieht.

Im vergangenen Jahr hat Sarkozy mehrfach Spanien kritisiert, weil das Land dort pauschal Aufenthaltspapiere an Einwanderer vergeben hat. Letzte Woche kam die Retourkutsche aus Madrid: Die sozialdemokratische Regierung lehnt Sarkozys europäischen Migrationspakt bislang ab.

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