Frauenquote auf EU-Ebene: Angela Merkel will nicht

Eine EU-Richtlinie für mehr Frauen in Aufsichtsräten könnte an Deutschland scheitern. Dabei ist der Vorschlag längst weichgewaschen.

Familienministerin Schwesig und Kanzlerin Merkel

Beim Ringen um die Zustimmung Deutschlands zur EU-Quote heißt es: Schwesig gegen Merkel. Foto: dpa

BERLIN taz | Angela Merkel hat die Frauenquote in Deutschland durchgebracht – genug der Gleichstellung. Eine EU-Quote für Frauen in Aufsichtsräten könnte am 7. Dezember an der fehlenden Unterstützung Deutschlands scheitern. Dabei wurde der Entwurf deutlich entschärft, um die deutschen Delegierten zur Zustimmung zu bewegen.

Nach Medienberichten ist die Kanzlerin für eine Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung im Europäischen Rat. Damit könnte die Richtlinie scheitern. Für die nötige qualifizierte Mehrheit wäre ein Ja notwendig.

Dem Entwurf der Europäischen Kommission von 2012 nach sollen ab 2020 mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratspositionen in großen, börsennotierten Unternehmen mit dem „unterrepräsentierten Geschlecht“ besetzt sein. In der Regel bedeutet das: weiblich. Neun Länder, unter ihnen Deutschland, erklärten damals, die Richtlinie im Ganzen abzulehnen. Der Grund: Die Festlegung rechtsverbindlicher Quoten liege nicht in der Zuständigkeit der EU.

Auch jetzt argumentiert die Bundesregierung, der Vorschlag missachte das Subsidiaritätsprinzip. Danach darf die EU nur tätig werden, wenn Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichen, um politische Ziele zu erreichen. Es soll also Sache der Mitgliedsstaaten bleiben, ob es eine Quote gibt.

Mehr Zugeständnisse nicht möglich

Um ein Scheitern des Projekts zu verhindern, wurde der Entwurf deutlich abgeschwächt und die Rolle der Mitgliedsstaaten gestärkt. So entbindet eine „Flexibilitätsklausel“ die Staaten von ihrer Verantwortung, falls sie „bereits Maßnahmen ähnlicher Wirkung ergriffen oder Fortschritte erzielt haben, die den in der Richtlinie festgelegten Zielvorgaben nahe kommen“. Mit der ab 2016 geltenden Frauenquote von 30 Prozent wäre Deutschland fein raus.

Die EU ist Deutschland möglichst weit entgegengekommen

Mit dem letzten Entwurf sei man den deutschen Delegierten so weit wie möglich entgegengekommen, heißt es aus diplomatischen Kreisen. Mehr Zugeständnisse hätten die Verfasser nicht machen können. Zudem seien sie davon ausgegangen, dass Deutschland seine Blockadehaltung nach der Durchsetzung der Quote im eigenen Land aufgeben werde.

Die Bundesregierung hingegen erklärt, sie teile zwar die Ziele der Kommission, habe aber weiterhin grundsätzliche Bedenken „im Hinblick auf die fehlende Rechtsgrundlage des EU-Richtlinienvorschlags“.

Merkel zeigt keinen Einsatz

Deutschland besiegelt die Blockade der Frauenquote – ein Szenario, das Familienministerin Manuela Schwesig verhindern will. Sie wirbt dafür, der Richtlinie zuzustimmen. „Die Förderung von Frauen in Führungspositionen ist ein wichtiges Anliegen – in Deutschland, aber natürlich auch in der Europäischen Union“, sagte Schwesig.

Dass die deutsche Quote kommt, ist auch Merkel zu verdanken. „Es ist so beschlossen, und nun wird es auch so gemacht“, hatte sie im Oktober 2014 gesagt, als mancher in der Union das Gesetz gerne aufschieben wollte. Und es wurde so gemacht. Auf europäischer Ebene wartet man auf diesen Einsatz Merkels vergebens. Dafür erntet sie nicht nur aus dem Familienministerium Kritik.

„Was wir in Deutschland von Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst gesetzlich fordern, können wir auf europäischer Ebene doch nicht glaubwürdig behindern“, heißt es in einem offenen Brief der Initiative „Berliner Erklärung“ an die Kanzlerin. Das überparteiliche Bündnis setzt sich seit 2011 für die Quote ein. Eine Enthaltung „würde die Glaubwürdigkeit und Vorbildwirkung des gerade erlassenen deutschen Gesetzes erheblich schwächen“. Die Unterzeichnerinnen fordern ein klares Ja Deutschlands bei der Abstimmung.

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