Fußball-Bundesliga: "Such a handball, unglaublich"

Nach dem 2:2 gegen Schalke 04 zürnt der VfL Wolfsburg zu viel mit dem Schiedsrichter - und zu wenig mit sich selbst.

Lernt mit jedem Spiel ein neues deutsches Wort, diesmal "unglaublich": Wolfsburg-Trainer Steve McClaren. Bild: dpa

WOLFSBURG taz | Nach jedem Spiel hat Wolfsburgs Trainer Steve McClaren eine deutsche Vokabel dazugelernt. Nach dem 2:2 gegen den FC Schalke war es das Wort "unglaublich". Klaas Jan Huntelaars Ausgleichstreffer (75.) zum 2:2 war ein absichtliches Handspiel vorausgegangen. "Such a handball", ächzte McClaren, "unglaublich".

Tatsächlich legte sich der Niederländer den Ball mit dem linken Arm auf den rechten Fuß, aber Wolfgang Stark pfiff nicht. Hätte er es getan, hätte Wolfsburg gewonnen - insofern ist die Aufregung von McClaren und Geschäftsführer Dieter Hoeneß angemessen. Dass Stark indes Dejagah nach einem rüden Foul vom Platz stellte (78.), Schalkes Uchida nach einer ähnlichen Attacke dagegen nicht, erfolgte innerhalb seines Ermessenspielraums. Hoeneß erregte sich zwar mächtig, verzichtete aber auf eine klärende Aussprache mit Schiedsrichter Stark: "Das geht nicht. Er hat eine sehr, sehr arrogante Art und Weise."

Grundsätzlicher betrachtet kann man allerdings auch sagen: Der Tabellenzwölfte VfL hätte dieses Spiel gegen einen limitierten oder sich über weite Strecken limitierenden Gegner wie den Tabellensechzehnten Schalke so oder so gewinnen müssen. Wenn man denn annähernd wieder das Niveau hätte, das man im VfL für den VfL als angemessen betrachtet, seit man im Jahr 2009 Meister geworden war.

Wobei man sagen muss: Es war am Samstag einiges so gut wie noch nie, seit der Engländer Steve McClaren im Juli den Trainerjob übernommen hat. Wolfsburg hatte in der ersten Hälfte eine knappe halbe Stunde, in der man auf hohem strategischen, läuferischen und emotionalen Niveau verteidigte und auch nach vorn kombinierte. Das Team übte einen Druck auf den Gegner aus, wie seit Felix Magaths Zeiten nicht mehr. Ergebnis waren zwei Treffer durch die beiden Stürmer Grafite (11.) und Dzeko (33.), jeweils nach Linksflanke von Schäfer. Da bekam man erstmals einen Eindruck, wie Wolfsburgs neuer Stil aussehen könnte. Vereinfacht gesagt: Englisch.

In der Phase funktionierte die notorisch defizitäre Spieleröffnung, sodass Diego schnell ins Spiel gebracht wurde und zwar dort, wo er seine Qualitäten einbringen kann - in der gegnerischen Hälfte. Aber so hochtourig kann man nicht 90 Minuten spielen. Und sobald der VfL einen Gang herausnimmt, verliert die Defensive ihre Kompaktheit. Ergebnis war der Anschlusstreffer durch Edu (39.) beim ersten ernsthaften Schalker Angriffsversuch, sieht man von einer frühen Halbchance von Huntelaar ab. Dieses Tor war das eigentliche Problem und der Knackpunkt dieses Spiels. Es sei, sagt McClaren, "aus dem Nichts" gefallen. Auch Hoeneß gestand ein, dass man sich den Ärger "vielleicht auch hätte ersparen können", wenn man den Sack zugemacht oder zugelassen hätte.

Schalkes Trainerchef Felix Magath hatte vorher nicht unnötig verbrämt, dass er einen Punkt ermauern wollte. Entsprechend pragmatisch nahm er ihn als "Punktgewinn" mit. Magath macht ja seit Wochen gute Miene zu allen kritischen Nachfragen, aber als man ihn fragte, warum die erste Hälfte denn gar so schlecht gewesen sei, zischte er nur barsch: "Weiß ich nicht." Um Tore zu erzielen, hatte er im Grund nur die Option, über Farfan rechts die Grundlinie zu erreichen. Das hätte fast auch ohne Handtor genügt. Auch das sagt einiges über die Wolfsburger Disbalance.

Beide Teams, das muss man nach diesem Spiel vermuten dürfen, werden es nicht einfach haben, in höhere Tabellengefilde zu klettern. Die Wolfsburger haben nun zwei Auswärtsspiele und müssen damit zurecht kommen, zum dritten Mal einen klaren Vorsprung (einmal 3:0, zweimal 2:0) verspielt zu haben. "Das ist jetzt ein Test für das Team und den Klub", sagt McClaren. Geschäftsführer Hoeneß erwartet eine "Trotzreaktion." Dass Sportsmann Huntelaar danach zwar einräumte, es sei "eigentlich kein Tor" gewesen, sich aber dagegen verwahrte, das Handspiel gegenüber dem Schiedsrichter zuzugeben, kann auch Dieter Hoeneß bei allem Ärger nachvollziehen. "Das erwarte ich, ehrlich gesagt, nicht." Vermutlich in ähnlicher Situation auch von den eigenen Spielern nicht. Dafür, findet Hoeneß, "ist der Schiedsrichter da." Er war es nicht.

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