Fußball-WM in Katar: Fanfeste hinter hohen Zäunen

Nach der WM ist vor der WM: Katar richtet 2022 die nächste Weltmeisterschaft aus. Dass das den Gästen Spaß machen wird, glaubt keiner.

Blick von oben in ein Stadion bei Nacht

Wird WM-Spielstätte: das Khalifa International Stadium in Doha Foto: dpa

MOSKAU taz | Katar liegt in diesen Tagen am Ende des Gorki-Parks. In dem Freizeitpark hat sich das Emirat einen kleinen Zipfel reserviert, um schon einmal zu zeigen, wie es so werden könnte in vier Jahren, wenn die nächste WM ansteht.

Männer in den traditionellen weißen Gewändern sitzen auf orientalischen Möbeln, damit man sie fotografieren kann. Wer will, kann sich einen Tee schenken lassen, und wer sich nicht ausdrücklich wehrt, findet sich mit einem Schild ausgestattet vor einer Fotowand und wird geknipst. „See you 2022“, steht auf dem Schild.

Die unfassbare Entscheidung der Fifa-Exekutive von 2010, von der noch nie jemand geglaubt hat, dass sie gefallen ist, ohne dass massiv bestochen wurde, wird immer realer. Die nächste Weltmeisterschaft wird wirklich am Golf stattfinden. Der ganze gewohnte Fußballrhythmus wird wegen eines gekauften Votums umgestellt. Vom 21. November bis zum 18. Dezember 2022 wird in Katar der nächste Weltmeister ausgespielt.

Ob das den Fans genauso viel Spaß macht wie in Russland, kann sich kaum einer vorstellen. Die Fanpartys werden in einem Land, in dem ein recht striktes Alkoholverbot herrscht, in abgetrennten Bereichen hinter hohen Zäunen stattfinden.

Am Donnerstag hat sich Fatma Samoura, die Generalsekretärin der Fifa, durch die kleine Katar-Welt im Moskauer Gorki-Park führen lassen. Mit ernstem Gesicht hat sich sie sich vom Chef des Organisationskomitees Hassan Al-Thawadi erklären lassen, wo welches Stadion stehen wird und wie weit die Fortschritte beim Bau gediehen sind.

Viele Bilder von frisch angerührtem Beton hat sie gesehen. Und Zahlen hat sie gehört. Niedrige Zahlen. Das eine Stadion ist 14 Kilometer vom Zentrum der katarischen Hauptstadt Doha entfernt, das andere 17, ein weiteres steht sowieso fast mitten in Doha. Die große Fußball-WM wird auf kleinstem Raum ausgespielt werden.

1.200 Arbeiter gestorben

Während Samoura brav über alles staunt, was ihr gezeigt wird, laufen im Hintergrund Bilder von den ruhmreichen Tagen des katarischen Fußballs. Derer gibt es nicht viele. 2014 hat Katar durch einen 2:1-Finalerfolg gegen Saudi-Arabien den Golf-Cup gewonnen. Immerhin. Das Land, das durch seine immensen Gasvorkommen so reich geworden ist, kann niemand als Fußballnation bezeichnen.

Die meisten Bilder, mit denen Katar in Moskau für sich wirbt, haben mit Fußball nichts zu tun. In einer Multimediashow, die in einem Kubus untergebracht ist, der auf der Moskwa schwimmt, zeigt das Land, wie schön die Wüste hinter dem Persischen Golf sein kann und dass so mancher Katarer gute Arbeit als Falkner leistet. Man lernt, wie nicht nur Stadien, sondern ganze Städte aus dem Boden gestampft werden und kann den irrwitzigsten Hochhausprojekten beim Wachsen zusehen.

Wer nachfragt, hört, dass die Arbeitsbedingungen für die vielen Wanderarbeiter besser geworden seien. Ein Delegation des Europäischen Parlaments habe sich davon überzeugen können, sagte Außenminister Mohammed Al-Thani vor Kurzem. Aber man sei immer offen für Kritik.

Xavi Hernández, Weltmeister 2010 und mit Spanien auch zweimal Europameister, hat als WM-Botschafter Katars acht Wanderarbeiter nach St. Petersburg fliegen lassen. Sie durften sich das Eröffnungsspiel der WM anschauen. Dort haben sie, wie es in der Gulf Times stand, die besten Tage ihres Lebens verbracht.

Die 1.200 Arbeiter, die seit der WM-Vergabe nach Katar Schätzungen des Internationalen Gewerkschaftsbundes zufolge auf den Baustellen gestorben sind, haben sich ja vielleicht aus dem Jenseits mit gefreut.

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