Gefahr durch ätzende Reiniger: Warnung an die türkische Hausfrau

Viele türkischstämmige Familien setzen auf aggressive Putzmittel. Dabei seien diese im Haushalt unnötig, sagt das Umweltbundesamt. Ein Infoblatt auf Türkisch klärt jetzt auf.

Fenster auf – gute Idee: Ätzende Reiniger können giftige Gase freisetzen. Bild: dapd

BERLIN taz | Das Umweltbundesamt warnt vor ätzenden und reizenden Reinigern, auf deren Verpackungen die orangenen Gefahrensymbole prangen. Besonders in türkischstämmigen Familien kam es in der Vergangenheit oft zu Unfällen.

Das Umweltbundesamt und die Türkische Gemeinde in Deutschland präsentierten am Freitag in Berlin ein neues Informationsflugblatt, das vor den Gefahren warnt. Die Reiniger können bei direktem Kontakt zu Verätzungen der Haut und Schleimhaut führen. Mitunter entsteht giftiges Chlorgas.

Es ist nun etwa zwei Jahre her, als ein dreijähriges Mädchen einen Schluck aus einer Tasse nahm, in die jemand den Reiniger Por Çöz gefüllt hatte. Das Putzmittel, das in der Türkei hergestellt wird, ist in vielen Haushalten in Deutschland zu finden.

Das Kind türkischstämmiger Eltern erlitt schwere Verätzungen der Speiseröhre. Der Fall rief das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf den Plan. 134 Unfälle in den letzten sieben Jahren ermittelte das Institut, die durch Por Çöz verursacht wurden.

Axel Hahn ist im BfR dafür zuständig, Vergiftungen zu bewerten: "Das Mittel enthielt mindestens 20 Prozent Salpetersäure." Seit Ende letzten Jahres ist das Produkt mit dieser Rezeptur aus den Supermärkten verschwunden.

"Das Umweltbundesamt konnte erreichen, dass Salpetersäure in Produkten für den Haushalt nicht mehr verwendet wird", sagt Marcus Gast vom Umweltbundesamt, der sich mit den Gefahren von Reinigungsmitteln auseinandersetzt. Inzwischen ist Por Çöz aber zurück - und zwar mit neuer Zusammensetzung. Nun enthält es Salzsäure. Die sei zwar nicht ganz so scharf, aber ebenso ungeeignet für den Haushalt, so Gast.

Gibt es in der Türkei eine andere andere Reinigungskultur? "Ja", meint Fuat engül von der Türkischen Gemeinde: "Die Leute denken, je schärfer das Mittel riecht, desto sauberer macht es." Gülcan Nitsch, Aktivistin des Umweltverbands BUND, versucht andere Landsfrauen für die Gesundheitsgefahren durch Haushaltsgifte zu sensibilisieren. Das sei allerdings gar nicht so einfach: "Migranten haben oft ein unglaubliches Vertrauen in deutsche Behörden - sie denken, dass alles getestet wurde."

Aber nicht nur TürkInnen verwenden zu scharfe Putzmittel. Deutschlandweit würden Chlor und Co wieder häufiger gekauft, beobachtet Philip Heldt von der Verbraucherzentrale. "Besonders im Kommen sind antimikrobielle Reiniger, die ätzende Substanzen enthalten und keimfreie Bäder versprechen", sagt Heldt. Das brauche man nicht.

"In steriler Umgebung langweilt sich unser Immunsystem, und es fängt plötzlich an, sich gegen alltägliche Stoffe zu wehren." So entstünden Allergien. Zudem würde die Umwelt unnötig belastet. Einige Substanzen töteten nicht nur die Bakterien im Haushalt, sondern auch diejenigen, die in Kläranlagen das Wasser säuberten.

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