Gegen die Studienreform: Das Diplom will nicht sterben

Neue Bologna-Studiengänge mit altem Titel: Der Master soll wieder Diplom heißen dürfen, fordern Rektoren von TUs. In Dresden gibt es gar einen neuen Diplomstudiengang.

Dürfen zuweilen noch Diplom machen: Studienanfänger an der TU Dresden. Bild: dpa

DRESDEN taz | Deutschlands Diplomingenieure leben noch. Oder wieder. Zum neuen Semester, in welchem die Diplomstudiengänge eigentlich endgültig auslaufen sollten, ist eine erneute Debatte darüber ausgebrochen, das Diplom wiederzubeleben. Der frisch gewählte Rektor der Technischen Universität Dresden, Hans Müller-Steinhagen, ließ unter dem Titel "Ja zum Diplom" bereits im Juli stolz verkünden, die TU Dresden biete im kommenden Wintersemester noch 16 verschiedene Diplomstudiengänge an. Die Fakultät Informatik lege einen solchen Studiengang sogar neu auf. Die Nachfrage nach Diplomstudiengängen sei ungebrochen.

Im Zuge des Bologna-Prozesses sollen Magister- und Diplomabschlüsse in diesem Jahr eigentlich endgültig durch die zweistufigen Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt werden. Doch während sich etwa Studierende in Sachsen seit dem vergangenen Jahr nicht mehr in Magisterstudiengängen immatrikulieren können, werden die Diplomstudiengänge hier nicht grundsätzlich abgeschafft. Man fürchtet einen Renommeeverlust. Der Zusammenschluss von neun Technischen Universitäten (TU9), dem auch die TU Dresden angehört, hat im August bekräftigt, "dass der "Diplomingenieur" als Markenzeichen deutscher Ingenieurausbildung erhalten bleiben muss."

Das sächsische Wissenschaftsministerium pfiff TU-Rektor Steinhagen indes vorsichtig zurück. Ministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) betont auf Nachfrage, dass der Bologna-Prozess mit seiner international kompatiblen Bachelor-Master-Stufung keinesfalls zurückgedreht werde. So stehe es auch im sächsischen Hochschulgesetz. "Alter Name, neuer Inhalt", darauf laufe es letztlich hinaus.

So ist auch die von Bundesbildungsministerin Anette Schavan (CDU) bekundete Unterstützung der TU9 zu sehen. "Es ist ein Zeichen von Selbstbewusstsein, neben dem internationalen Master-Abschluss auch diesen Titel zu vergeben", sagte Schavan zu Monatsbeginn. Heißt: Der Titel ist egal, wenn der Inhalt Bologna-tauglich bleibt.

So werden auch in Dresden die recycelten Diplomstudiengänge "modularisiert und passfähig im europäischen Hochschulraum sein". Der reanimierte Diplomingenieur wäre also nichts anderes als der umgetaufte Master of Science der neuen modularisierten Studiengänge in den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Der Absolvent soll selbst wählen können, welche Titelbezeichnung er bevorzugt. Österreich dient hier als Vorbild.

An der RWTH Aachen beklagt man sich aber darüber, dass der Landesgesetzgeber nicht einmal mehr diese Umetikettierung erlaubt. Eine Sprecherin des Bundesbildungsministeriums betont, dass ausschließlich die Länder für die Regelung akademischer Grade zuständig sind. Ein entsprechendes Bundesgesetz zur Wiedereinführung des Diploms sei also nicht zu erwarten.

Manche Studierende halten diese Namensdebatte schlicht für Theater. Damit werde "die mangelhafte Umsetzung des Bologna-Prozesses durch mangelhafte Diplomstudiengänge abgelöst", meint der Studentenrat der TU Chemnitz. Die eigentlichen Probleme lägen in Qualität und Ausstattung der Studiengänge. Wechsel an andere Hochschulen würden erschwert, da das Diplom nicht international kompatibel sei.

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