Generalversammlung in New York: Palästina-Poker in der Uno

Die USA würden gerne auf ihr UN-Veto verzichten. Mit Unterstützung Deutschlands und Israels sammeln sie Stimmen, um den Mitgliedsantrag der Palästinenser abzulehnen.

Eine palästinensische Fahne mit UN-Aufdruck in Bethlehem. Bild: dapd

GENF taz | Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will nach bisheriger Ankündigung am Freitag vor seiner geplanten Rede vor der UN-Vollversammlung bei Generalsekretär Ban Ki Moon offiziell den Antrag auf Vollmitgliedschaft des Staates Palästina in den Vorkriegsgrenzen von 1967 einbringen. Über diesen Antrag müßte zunächst der Sicherheitsrates befinden und - im Falle einer zustimmenden "Empfehlung" des Rates - danach die Generalversammlung entscheiden.

Rund 150 Mitglieder der Generalversammlung würden nach bisherigen Bekundungen für den Antrag stimmen - weit mehr als die für seine Annahme erforderliche Zweidrittel-Mehrheit von 129 der 193 Uno-Staaten. Die USA könnten diesen Prozeß durch ihr offiziell angedrohtes Veto bereits im Sicherheitsrat stoppen. Doch gerade weil die Unterstützung für das Anliegen der Palästinenser in der Generalversammlung so groß ist, würden die USA mit einem Veto im Sicherheitsrat ihr globale Rolle und ihre politischen Einflußmöglichkeiten nicht nur in der arabischen Welt erheblich schwächen.

Deshalb bemüht sich die Obama-Administration, unterstützt von den Regierungen Deutschlands und Israels, daß der Antrag im Sicherheitsrat erst gar nicht die für seine Annahme erforderliche Mehrheit von mindestens neun der 15 Mitglieder bekommt. Stimmen sieben oder gar mehr Ratsstaaten mit Nein oder Enthaltung, bräuchten die USA kein Veto mehr einzulegen.

In seiner Rede bei der UN-Generaldebatte in New York hat US-Präsident Barack Obama der palästinensischen Initiative für eine Anerkennung als UN-Mitgliedsstaat eine Absage erteilt. Im Friedensprozess im Nahen Osten gebe es keine "Abkürzungen", sagte Obama am Mittwoch. "Frieden wird es nicht geben durch Erklärungen und Resolutionen bei der Uno. Wäre es so einfach, wäre er längst erreicht."

Israelis und Palästinenser und nicht die Uno müssten eine Lösung für die Kernfragen des Konfliktes finden. Dabei erwähnte Obama den Status von Ost-Jerusalem, das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und den endgültigen Grenzverlauf. Obama bekräftigte seine grundsätzliche Unterstützung für die Schaffung eines Palästinenserstaates, der aber auf dem Verhandlungsweg erreicht werden müsse. Außerdem müsse die Sicherheit Israels garantiert werden. (afp)

Israels UNO-Botschafter erweckte in einem Interview den Eindruck, sechs Ratsstaaten hätten sich bereits auf ein Nein oder eine Enthaltung festgelegt. Nach Angaben von US-Diplomaten sind dies neben USA und Deutschland die Ratsmitglieder Bosnien-Herzegowina, Kolumbien, Gabun und Großbritannien. Derzeit bemühe man sich vor allem darum das "noch unschlüssige" Portugal zu "überzeugen".

Doch möglicherweise werden derartige Behauptungen über eine fast sichere Ablehungsfront von sieben Staaten nur gestreut, um Abbas noch von der Einbringung des Antrages bei Ban Ki Moon abzubringen. Nachfragen der taz bei UNO-Diplomaten der genannten Staaten ergaben jedenfalls ein anderes Bild: Lediglich Vertreter Kolumbiens erklärten, die Regierung in Bogota habe sich "auf Anraten aus Washington" zu einem Nein entschlossen.

Drohungen aus Washington, Berlin und Tel Aviv

Gabun hat sich "noch nicht festgelegt", will aber "möglichst in Übereinstimmung" mit den beiden anderen afrikanischen Rastmitgliedern Südafrika und Nigeria votieren. Deren Regierungen haben bislang ihre Zustimmung zu einem palästinensischen Mitgliedsantrag angekündigt. Bosnische Diplomaten berichten, ihre Regierung habe sich "trotz massivem Druck und Drohungen aus Washington, Berlin und Tel Aviv" bislang noch nicht festgelegt. Großbritannien will "vor einer Entscheidung" erst "den Wortlaut des Antrages" prüfen. Dies erklärte auch Portugals Außenminister Paulo Portas für seine Regierung.

Mit "Ja" votieren würden nach bisherigen Ankündigungen neben Südafrika und Nigeria auch die Ratsmitglieder China, Rußland, Brasilien, Indien und Libanon, das im Monat September Ratspräsident ist.

Frankreich sendet derzeit noch widersprüchliche Signale aus. Nachdem sich die Regierung Sarkozy zunächst wochenlang öffentlich und im Konflikt mit den USA und Deutschland als Unterstützer einer UNO-Mitgliedschaft Palästinas profiliert hatte, warnt der französische Präsident in jüngster Zeit vor einer konfrontativen Abstimmung im Sicherheitsrat und in der Generalversammlung.

Unklar ist nach den Worten des israelischen UN-Botschafters vor allem, wie sich Portugal verhalten wird. Der palästinensische Vertreter in Lissabon, Mufeed Shami, sagte am Montag der staatlichen Nachrichtenagentur Lusa, man sei zuversichtlich, dass Portugal für die Aufnahme Palästinas stimmen werde. Portugal habe immer die palästinensische Sache unterstützt und den Palästinensern "noch nie das Recht auf einen eigenen Staat abgesprochen", so Shami. Der portugiesische Außenminister Paulo Portas hatte am Wochenende gesagt, Lissabon wolle vor Bekanntgabe seiner Position das Antragsdokument studieren.

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