Geplante Justizreform in Israel: Zehntausende protestieren erneut

In Tel Aviv wurden mehrere Demonstrierende verhaftet. Trotz Protesten plant die Regierung Netanjahus eine Verabschiedung der zentralen Punkte bis Anfang April.

Demonstrierende mit Israel- und LGTBQI-Flaggen in Tel Aviv

Demonstranten halten israelische Flaggen bei Protesten in Tel Aviv gegen die vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu umstrittene Justizreform Foto: REUTERS/Nir Elias

TEL AVIV AFP | Im Streit um die geplante Justizreform der rechts-religiösen Regierung in Israel sind erneut zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Allein in Tel Aviv demonstrierten laut Medienberichten am Samstagabend mehr als 100.000 Menschen und schwenkten die weiß-blaue israelische Flagge. „Ich demonstriere, weil die Maßnahmen, die die neue Regierung ergreifen will, eine reale und unmittelbare Bedrohung für die israelische Demokratie bedeuten“, sagte der Unternehmer Ran Shahor der Nachrichtenagentur AFP.

In Haifa beteiligten sich nach Medienangaben rund 50.000 Menschen an den Protesten, in Beer Sheva 10.000. Auch in anderen Orten kam es zu Demonstrationen. Die Proteste lösten sich weitestgehend ohne größere Vorfälle aus. In Tel Aviv verhaftete die Polizei drei Demonstrierende, die den Verkehr auf der Umgehungsstraße der Stadt blockierten.

Gegen die von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angestrebte Justizreform gibt es seit zehn Wochen heftige Proteste. Nach Ansicht der Demonstranten gefährdet das geplante Gesetz die Gewaltenteilung und damit die Demokratie im Land.

Das neue Gesetz würde es dem Parlament unter anderem erlauben, Entscheidungen des Obersten Gerichts mit einer einfachen Mehrheit aufzuheben. Es würde damit dessen Befugnis zur rechtlichen Überprüfung von Gesetzen fast vollständig abschaffen. Zudem soll es der Regierung die Kontrolle über die Ernennung der Obersten Richter übertragen. Derzeit stimmt darüber ein Gremium aus Politikern, Richtern und Mitgliedern der Anwaltskammern ab.

Zügige Verabschiedung geplant

Ungeachtet der Forderungen nach Nachbesserungen am dem Gesetzestext setzt die am weitesten rechts stehende Regierungskoalition der Geschichte Israels, an der ultraorthodoxe und rechtsextreme Parteien beteiligt sind, offenbar auf eine zügige Verabschiedung. Von Sonntag bis Mittwoch sind täglich Debatten zu Teilen der Justizreform im Parlament angesetzt. Justizminister Jariv Levin strebt eine Verabschiedung zentraler Punkte der Reform vor Beginn der Parlamentspause Anfang April an.

Der israelische Präsident Isaac Herzog hatte sich gegen die Justizreform gestellt und die Regierung aufgefordert, das Projekt zu stoppen. Herzog sprach von einer „Gefahr für die Grundfesten unserer Demokratie“. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich beunruhigt über den „geplanten Umbau des Rechtsstaats“ in Israel gezeigt.

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