Gesetzentwurf zu neuem Posten im Bund: Polizeibeauftragter darf einiges

Unangekündigte Besuche und Akteneinsichten: Die Ampel gibt dem neuen Polizeibeauftragten weite Befugnisse. Die Union hält das Amt für „überflüssig“.

Portrait Uli Grötsch

Uli Grötsch, SPD Foto: Daniel Karmann/dpa/picture alliance

BERLIN taz | Es ist ein Novum: Erstmals soll nun auch im Bund ein Polizeibeauftragter eingeführt werden. Schon im Koalitionsvertrag einigte sich die Ampel auf das Vorhaben. Nun legte sie einen Gesetzentwurf vor, der bereits am Freitag im Bundestag diskutiert werden soll – und dem Amt weitreichende Befugnisse einräumt. Ausfüllen soll es der Sozialdemokrat und Polizist Uli Grötsch.

Der Beauftragte soll Fehlverhalten und strukturelle Mängel in der Polizei untersuchen, heißt es im Gesetzentwurf, welcher der taz vorliegt. Sowohl Bür­ge­r*in­nen als auch Beschäftigte der Bundespolizei, des BKA oder der Bundestagspolizei sollen ihm dies melden können. Mit dem Amt solle das „Vertrauen in die Polizei gestärkt“ werden, so der Entwurf.

Angesiedelt wird das Amt im Bundestag, der Polizeibeauftragte soll dort unabhängig und mit mehreren Mitarbeitenden arbeiten. Wie viele, wird derzeit noch in den Haushaltsberatungen verhandelt. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre – eine einmalige Wiederwahl ist möglich.

Auch unangekündigte Besuche möglich

Der Gesetzentwurf wurde nicht in Ministerien, sondern von den Ampel-Fraktionen im Bundestag erarbeitet. Demnach soll der Beauftragte künftig auch bei laufenden Ermittlungen eigene Untersuchungen durchführen können – sofern die Ermittlungen dadurch nicht gefährdet werden. Hinweisgebenden kann er Anonymität zusagen. Auch kann er von Polizei und Behörden Stellungnahmen einholen oder Akten anfordern. Nur bei „zwingenden, darzulegenden Geheimhaltungsgründen“ darf dies verweigert werden – worüber letztlich die Bundesinnenministerin entscheiden würde. Zudem darf der Beauftragte Dienststellen auch ohne vorherige Anmeldung betreten oder bei größeren Polizeieinsätzen dabei sein.

Nach den Lesungen im Bundestag soll die Wahl von Grötsch Anfang 2024 erfolgen. Seinen ersten Bericht soll er im Juni 2024 vorlegen. Die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic sagte der taz, mit dem Amt setze man „ein zentrales innenpolitisches Vorhaben“ der Ampel um. Der Polizeibeauftragte könne strukturelle Probleme wie Racial Profiling oder rechtsextreme Chatgruppen aufklären und grundsätzlich bearbeiten. So werde „eine echte Fehlerkultur etabliert“.

Auch SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann sagte, mit dem Amt schaffe man „etwas ganz Neues“ und setze „einen neuen Standard für eine moderne Polizei in unserem demokratischen Rechtsstaat“. Nicht nur auf deutscher, sondern auch europäischer Ebene gehe man damit „einen großen Schritt voran“ und könne „als Vorbild für demokratisch und extremismusresistente Polizeien dienen“.

Die Unions-Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) nannte das Projekt dagegen „überflüssig“. Die Ampel offenbare damit ihr „grundsätzliches Misstrauen“ gegenüber der Polizei. „Die Polizei hat kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus und Radikalismus.“ Besorgniserregend seien vielmehr die zuletzt fast 40.000 Angriffe auf Polizeikräfte, so Lindholz zur taz.

In elf Bundesländern gibt es bereits Polizeibeauftragte oder entsprechende Beschwerdestellen.

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