Gewalt in Ägypten: Islamisten bei Fluchtversuch getötet

Mindestens 35 Muslimbrüder sind bei einem Ausbruch aus einem Gefangenentransport in Kairo getötet worden. Laut Innenministerium seien sie an Tränengas erstickt.

Extrem angespannte Lage: Mursi-Anhänger protestierten auch am Sonntag auf den Straßen Kairos. Bild: reuters

KAIRO/AL-ARISCH afp/dpa | Bei einem Fluchtversuch von Islamisten aus einem Gefangenentransport in Ägypten sind mindestens 35 Mitglieder der Muslimbruderschaft getötet worden. Die Männer seien an von der Polizei eingesetzten Tränengas erstickt, teilte das Innenministerium in der Nacht zum Montag mit.

Damit stieg die Zahl der Todesopfer der Auseinandersetzungen der vergangenen Tage auf fast 800. Die EU-Staaten wollen am Montag nach einer gemeinsamen Linie angesichts der Gewalt suchen.

Mit dem Transport sollten nach Angaben des Innenministeriums mehr als 600 Muslimbrüder und Anhänger der Islamisten von Kairo aus in ein Gefängnis am Rande der ägyptischen Hauptstadt gebracht werden. Einige der Gefangenen hätten einen Polizisten überwältigt und ausbrechen wollen.

„36 von ihnen sind erstickt, nachdem die Polizei Tränengas einsetzte, um den Ausbruch zu verhindern“, erklärte das Ministerium. Laut der Nachrichtenagentur Mena wurde der Transport von „unbekannten Bewaffneten“ angegriffen, die den Gefangenen zu Hilfe kommen wollten.

Nach Angaben der Muslimbruderschaft wurden bei dem Vorfall 35 ihrer Mitglieder getötet. Die Islamisten hatten die Zahl der Opfer zunächst mit 52 angegeben, später korrigierten sie diese Angaben. „Die Ermordung von 35 festgenommenen Teilnehmern an Demonstrationen gegen den Sturz von Präsident Mohammed Mursi zeigt die zielgerichtete Gewalt der Sicherheitskräfte“, erklärten die Muslimbrüder. Die Anhänger von Mursi, der selbst der Muslimbruderschaft entstammt, seien „das Ziel kaltblütigen Tötens“.

Ägypten wird seit dem Sturz Mursis durch das Militär Anfang Juli von Protesten seiner Anhänger erschüttert. Mitte vergangener Woche eskalierte die Lage, bei blutigen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Islamisten wurden seitdem fast 800 Menschen getötet. Zudem nahmen die Sicherheitskräfte mehr als tausend Muslimbrüder und Mursi-Anhänger fest.

Auch in den kommenden Tagen will die Armee ihren harten Kurs gegen die Islamisten fortsetzen. „Wir werden niemals schweigend der Zerstörung des Landes zusehen“, sagte Armeechef Abdel Fattah al-Sisi am Sonntag.

Die EU will eine gemeinsame Position finden

In Brüssel kommen am Montag die 28 Botschafter der EU-Staaten zusammen, um über die Lage in Ägypten zu beraten. Dabei soll eine gemeinsame Position der EU-Länder gefunden werden. Die Sitzung könnte laut der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton als Vorbereitung für ein mögliches Außenministertreffen dienen. Dies fordert insbesondere Deutschland.

Nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könnte ein Stopp der Rüstungsexporte nach Ägypten ein geeignetes Druckmittel sein. Rüstungsexporte könnten „auch Gegenstand von Maßnahmen sein, mit denen man deutlich macht, wir sind sehr skeptisch gegenüber dem, was in Ägypten im Augenblick vorgeht“, sagte Merkel am Sonntag im ZDF. Die Situation in dem Land sei „außerordentlich brisant, auch besorgniserregend“.

Im US-Kongress wurde derweil weiter heftig darüber gestritten, ob die Gewalteskalation in Ägypten eine Kürzung der Militärhilfen für Kairo rechtfertigt - oder diese sogar ganz gestrichen werden müssen. Während einige Senatoren am Sonntag das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte verurteilten, äußerten andere die Sorge, ein Ende der Zahlungen werde den Einfluss auf einen Schlüsselpartner im Nahen Osten gefährden.

Extremisten töten 26 Polizisten in ägyptischer Grenzstadt Rafah

Extremisten haben in der ägyptischen Stadt Rafah am Montag 26 Polizisten getötet. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden zwei Fahrzeuge der Ordnungspolizei am Morgen von Unbekannten mit Panzerfäusten aus einem Hinterhalt angegriffen, als sie sich von Rafah aus in Richtung Westen in Bewegung setzten. Zudem seien zwei Polizisten verletzt worden.

Rafah liegt auf der Sinai-Halbinsel an der Grenze zum palästinensischen Gazastreifen. Im vergangenen August waren bei einem Anschlag in der Nähe von Rafah 16 Soldaten getötet worden. Die Region gilt als Hochburg militanter Salafisten. Außerdem kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und den Betreibern der Schmugglertunnel, durch die Waffen und Waren des täglichen Bedarfs in den Gazastreifen gelangen.

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