Gewerkschaftsproteste bei Hauptversammlung: Kampf um Sonderrechte bei VW

Die IG Metall besteht auf besonderen Mitbestimmungsregeln bei VW. Zwischen Porsche und dem Land Niedersachsen gibt es keine Einigung bezüglich künftiger Machtverteilung.

Die VW-Beschäftigten forderten mehr als Oberflächenpolitur. Bild: dpa

HAMBURG/BERLIN taz/dpa Im Machtkampf um die besonderen Mitbestimmungsrechte bei Volkswagen hat die Gewerkschaft IG Metall den Ton verschärft. Der Chef des neuen Großaktionärs Porsche, Wendelin Wiedeking, habe "gefährliche Allmachtsfantasien" und wolle "mit der Arroganz eines Alleinherrschers" schalten und walten, sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh bei einer Kundgebung von rund 1.000 VW-Beschäftigten vor der Hauptversammlung des Konzerns in Hamburg. Porsches "Angriffe" gegen die Belegschaft seien kontraproduktiv für den Erfolg des Unternehmens, sagte Osterloh.

Bei dem Streit geht es darum, ob die besonderen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer auch in der neuen Porsche-Holding Bestand haben, in die VW nach der geplanten Übernahme der Aktienmehrheit integriert wird. Erwartet wird ein langes juristisches Tauziehen. Martin Allespach, Chef der Grundsatzabteilung der IG Metall, erinnerte an die historischen Hintergründe dieser Sonderregelung. "Das Gründungskapital für das VW-Werk, dessen Aufbau 1937 begann, stammte weitgehend aus dem Gewerkschaftsvermögen, das im Mai 1933 beschlagnahmt worden war", sagte er der taz. Als es auch 1945 nicht zurückgegeben wurde, wurden Betriebsrat und Gewerkschaften mit besonderen Mitbestimmungsrechten entschädigt und der Betrieb schließlich der öffentlichen Hand übergeben. Im VW-Gesetz von 1960 seien diese erweiterten Mitbestimmungsrechte, vor allem bei Betriebsverlagerungen oder -schließungen, fortgeschrieben worden, sagte Allespach. "Diese Rechte haben nichts von ihrer historischen Berechtigung verloren."

Keine Annäherung gab es bei der Hauptversammlung auch im Streit der beiden Großaktionäre Porsche und dem Land Niedersachsen über die künftige Machtverteilung. Streitpunkt ist hierbei die 20-prozentige Sperrminorität bei VW, die dem Land Niedersachsen mit seinem 20,6-Prozent-Anteil Vetorechte bei wichtigen Entscheidungen sichert. Porsche will diese Sperrminorität über eine Satzungsänderung auf 25 Prozent erhöhen. Die Abstimmung hatte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht stattgefunden. Erwartet wurde jedoch, dass keine Mehrheit zustande kommt. In diesem Fall bliebe es bei der bestehenden Regelung, gegen die Porsche dann gerichtlich vorgehen könnte.

Ungeachtet der Machtkämpfe kündigte VW-Chef Martin Winterkorn bei der Hauptversammlung ambitionierte Ziele an. Trotz der Risiken in der Weltwirtschaft rechne er 2008 mit neuen Bestwerten bei Absatz und Ergebnis, sagte Winterkorn. Vor VW lägen große Chancen, obwohl sich die Automobilindustrie in "rauer See" bewege.

VW will den Absatz in den kommenden Jahren massiv steigern und auf längere Sicht Toyota als erfolgreichsten Autobauer weltweit ablösen. Winterkorn sagte, VW stehe mit Porsche und Niedersachsen als Hauptaktionäre auf einem soliden Fundament. Beiden Anteilseignern gehe es nicht um schnelle Profite, sondern um eine langfristige Entwicklung.

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