HBO-Serie „The White Lotus“: Ein großes Event

Ungewöhnlich: Die zweite Staffel von „The White Lotus“ toppt die erste. Nicht wegen angeschwemmter Leichen, sondern wegen Überzeichnung.

Vier Menschen, zwei Frauen und zwei Männer, stehen auf einem Boot und stoßen mit etwas wie Sekt an. Sie tragen gute Klamotten. Im Hintergrund bergige sizilianische Küstenlandschaft.

Schickes Leben in einer schicken Serie: „The White Lotus“ Foto: HBO

Das zweite Album ist ja bekanntlich das schwerste. Dieses Schicksal ereilt auch zweite Staffeln von Serien. Fortsetzungen versuchen in der Regel, die erste Staffel zu toppen, indem sie einfach alles noch ein bisschen gruseliger, dramatischer oder kitschiger machen – und ruinieren sie so komplett. Nachdem also die erste Staffel der HBO-Serie „The White Lotus“ von Mike White mit Preisen überhäuft wurde, war die Angst vor der Fortsetzung groß. Doch die Sorge war umsonst, die zweite Staffel der Serie, die sich irgendwo zwischen Krimi, Komödie und Gesellschaftssatire bewegt, ist noch grandioser – gerade weil sie so übertreibt.

„The White Lotus“, zweite Staffel: sieben Folgen bei WOW

Wieder ist die Geschichte in einem „White Lotus“-Luxushotel angesiedelt, dieses Mal auf Sizilien statt auf Hawaii. Die superreichen Gäste aus den USA wollen eigentlich nur am Strand liegen und Aperol trinken, doch plötzlich schwimmen mehrere Leichen im Meer. In der Rückblende kommt man der Frage näher, wer eigentlich tot ist und wer getötet hat. Verdächtig sind erst mal alle. Denn während an der Oberfläche alles glänzt, lügen und betrügen die Gäste.

Dass die Figuren dabei schablonenhaft gezeichnet sind, tut der Serie keinen Abbruch. Der notorische Ehebrecher, die smarte Sexarbeiterin oder der woke Millennial funktionieren gerade wegen ihrer Überzeichnung. Highlight ist dabei die etwas verwirrte Millionenerbin Tanya McQuoid (Jennifer Coolidge), die eigentlich versucht, ihre Ehe zu retten, und dabei in einem Zirkel aus italienischen Gays zur Partymaus mutiert.

Doch nicht nur die Serie an sich ist gute Unterhaltung, sondern auch das ganze Drumherum. Die Diskussionen im Freun­d*in­nen­kreis, in der immer irgendwer ruft: „Nicht spoilern, ich bin noch nicht so weit!“ Oder die wilden Theorien in Social Media, die in jeder antiken Statue eine Überwachungskamera vermuten. Oder aber die abertausenden Texte, die sich nicht nur der Frage widmen, wer wohl tot ist und wer getötet hat, sondern auch: Warum essen diese stinkreichen Menschen eigentlich immer nur im Hotelrestaurant? Oder: Warum trägt die Gen Z so komische bunte Klamotten?

Endlich mal wieder eine Serie, die mehr als nur sieben Episoden bereithält, sondern gleich ein ganzes Event ist.

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