Häusliche Gewalt: Löchriges Schutzgesetz

Manche Männer hauen immer wieder zu, wissen Experten. Und fordern, dass Prügelväter ihre Kinder erst wieder sehen dürfen, wenn sie nicht mehr zuschlagen.

Das Umgangsrecht für Täter häuslicher Gewalt ist ein Problem. Bild: photocase / kellejipp

BERLIN taz | Kürzlich vor einem Supermarkt in Bonn. Eine Frau übergibt ihrem Exmann das gemeinsame Kind für einen Papa-Nachmittag. Dann schlägt er zu. Er prügelt so stark auf die Frau ein, dass Passanten die Polizei rufen.

Kein Einzelfall, sagt Eva Risse von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) in Bonn. Studien zufolge werden 70 Prozent der Frauen, die sich von ihrem gewalttätigen Mann getrennt haben, vom ihm erneut geschlagen, wenn sie ihm die Kinder übergeben. Über die Hälfte der Kinder werden in solchen Situationen misshandelt.

Das Umgangsrecht für Täter häuslicher Gewalt – in der Regel sind das Männer – ist ein Problem, kritisiert das ZIF. Die Informationsstelle befasste sich auf ihrer Jahrestagung am Mittwoch in Frankfurt am Main mit der Frage, wie gewaltbetroffene Frauen und Kindern in Sorgerechts- und Umgangsverfahren geschützt werden können.

Die Trennungsphase sei für die Betroffenen gefährlicher als die Zeit davor oder danach, sagt Eva Risse: „Dann weiß der Täter: Jetzt geht sie wirklich.“ Und schlage daher umso kräftiger und umso häufiger zu. Von den 313 Frauen, die 2011 in Deutschland getötet wurden, wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik 154 vom eigenen aktuellen oder ehemaligen Lebenspartner getötet – meistens in der Trennungsphase.

Die Mehrheit der Opfer hat mit dem Täter gemeinsame Kinder. Mütter sind vom Gewaltschutzgesetz, das seit zehn Jahren gilt, kaum geschützt. Im Gegensatz zu kinderlosen Frauen, die jeden Kontakt zu ihrem Peiniger gerichtlich verbieten lassen können, sind Mütter gezwungen, immer wieder mit dem prügelnden Expartner Kontakt zu haben – um den Umgang mit den Kindern zu regeln.

„Auf diese Weise wird das Gewaltschutzgesetz ausgehöhlt“, sagt Eva Risse, die im Frauenhaus Bonn arbeitet. ExpertInnen fordern daher, das Gewaltschutzgesetz zu ändern, so dass Mütter beispielsweise im Namen ihrer Kinder beantragen können, dass sich der Vater ihnen nicht mehr nähern darf. Außerdem dürften die sogenannten beschleunigten Verfahren, in denen Sorgerechtsfälle in der Regel verhandelt werden, in Gewaltbeziehungen nicht mehr gelten.

Gewöhnlich sollen FamilienrichterInnen etwa einen Monat nach einem Umgangs- oder Sorgerechtsantrag eine Entscheidung treffen. Häufig geschieht das auch, ohne die Eltern angehört zu haben.

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