Harte Strafen für Cannabis-Verstöße: Keine liberale Großstadt

Wie in Bayern: Hamburgs SPD will drastische Bußgelder gegen das Kiffen einführen. Es kommt nun auf die mitregierenden Grünen an, das zu verhindern.

Ein Mann mit einer großen aufblasbarenJoint-Attrappe

Cannabis-Konsum: Kommt in Hamburg wirklich eine „ganz andere Herangehensweise als bisher“? Foto: Sebastian Willnow/dpa

Der staatliche Verfolgungseifer gegen das Kiffen ist in Hamburg mit der Legalisierung nicht durch. Viel eher droht nun der schnelle Rollback: Die zuständige Innenbehörde unter Senator Andy Grote (SPD) will dem Senat zum Abnicken einen Bußgeldkatalog vorgelegen, der es in sich hat. Orientiert am Pendant der rechtskonservativen bayerischen Landesregierung aus CSU und Freiern Wählern sollen Kif­fe­r:in­nen bei Verstößen gegen Auflagen drastische Strafen aufgedrückt bekommen.

Noch ist das nicht entschieden, zum Glück herrscht die SPD ja nicht allein. Wenn sich aber die in Hamburg mitregierenden Grünen dem Vorhaben nicht entgegenstellen, müssen sie sich mal wieder zu Recht vorwerfen lassen, für ihre angeblichen Überzeugungen nicht ernsthaft einzustehen.

Den öffentlichen Jubel-Mitteilungen zufolge war die Freude bei Hamburgs Grünen, als die bundesweite Cannabis-Legalisierung vergangenen Monat schlussendlich den Bundesrat passiert hatte, jedenfalls groß. „Es ist gut und richtig, dass sich Erwachsene nun nicht mehr strafbar machen, wenn sie einen Joint rauchen“, freute sich etwa Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank.

Auch die Bürgerschaftsfraktion fand große Worte der Freude: „Mit dem neuen Gesetz setzen wir nun in Hamburg schon in wenigen Tagen auf eine ganz andere Herangehensweise als bisher.“ Doch ist die Hamburgische Herangehensweise nun tatsächlich eine ganz andere?

1.000 Euro Bußgeld

Kiffen in Gegenwart von Minderjährigen könnte nach dem Willen des Innensenators satte 1.000 Euro Strafe kosten, die Unterschreitung von Mindestabständen zu Schulen und Kitas 500 Euro. Wer etwas mehr als die zulässige Cannabis-Menge bei sich hat, soll bis zu 1.000 Euro berappen müssen. Zum Vergleich: Wer im Auto vor einem Kindergarten entlang rast, kann mit milderen Bußgeldern rechnen. Es ist die reinste Gängelung in aus Bayern abgekupferter Manier!

Doch Hamburgs SPD bleibt sich damit immerhin treu, machte ihre tief sitzende Ablehnung ja seit Monaten schon deutlich. Deshalb ist der von ihrem Innensenator vorbereitete Bußgeldkatalog wenig verwunderlich. Dass derlei Strafen mittels hoher Bußgelder auch noch zutiefst unsozial sind, scheint der Hamburger SPD egal zu sein: Wer genug verdient, kann so ein Knöllchen schließlich lockerer bezahlen als arme Menschen.

Viel wichtiger ist ihr die politische Botschaft: Wir zeigen, da wo wir es nur können, richtig Härte. Dass diese Haltung in der sonst auch von So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen gern beschworenen liberalen Großstadt Hamburg genau der Forderung der zuletzt wieder konservativ gewordenen Hamburger CDU entspricht, sagt viel über die aktuelle Positionierung der SPD aus.

Es sagt aber auch viel über die Grünen aus, sollten sie den Bußgeldkatalog ihres Koalitionspartners einfach abnicken. Sie müssen nun beweisen, dass sie nicht nur hübsche Versprechen formulieren, sondern auch für deren Umsetzung einstehen. Oder wollen die Grünen wirklich gemeinsam mit der SPD auf das Niveau eines lächerlichen Populisten wie Markus Söder hinabsinken?

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Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

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