Hauptversammlung des Atomkonzerns: RWE unter Strom

Dem Essener Atomstromkonzern RWE droht ein massiver Gewinneinbruch. RWE-Chef Großmann schiebt die Schuld auf die Politik – und erntet heftige Proteste.

RWE-Versammlung abschalten – wie viele Polizisten das auch so sahen, ist nicht bekannt. Bild: dapd

ESSEN taz | Für die Aktionäre von RWE glich der Weg zur Hauptversammlung des Energiekonzerns einem Spießrutenlauf: Hunderte Atomkraftgegner und Umweltschützer protestierten am Mittwoch gegen den Atomkurs von RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann. Dutzende blockierten den Zugang zur Essener Grugahalle.

Nur durch einen schmalen, von Bereitschaftspolizisten geschützten Pfad konnten die fast ausschließlich älteren, grauhaarigen Kapitalgeber zu der Halle vordringen. "Für euren Profit verstrahlt ihr eure Enkel", hielten ihnen Demonstranten auf Transparenten entgegen.

In der Halle erwarteten die Aktionäre schlechte Nachrichten: Zwar hat der Essener Gigant, der in Deutschland fünf Atomkraftwerke betreibt und als einziger Stromkonzern gegen das von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel verordnete Atommoratorium klagt, 2010 ein Betriebsergebnis von 7,7 Milliarden Euro eingefahren.

"Die Zeit der Rekordjahre, das ist vorbei"

Pro Aktie schüttete RWE eine Dividende von 3,50 Euro aus. Da applaudierten die Kapitalgeber - doch dann kündigte ihnen RWE-Boss Großmann harte Zeiten an: "Die Zeit der Rekordjahre, das ist vorbei", so der Vorstandsvorsitzende.

Denn 2011 wird der Netto-Reingewinn, auf dem die Aktiendividenden beruhen, um rund 30 Prozent fallen. Schuld sei die Politik, klagte Großmann, dessen Rede immer wieder von Protesten von Umweltschützern unterbrochen wurde. Die Brennelementesteuer für Atomkraftwerke belastete das Konzernergebnis ebenso wie Zertifikate, die RWE ab 2013 für den Ausstoß von Millionen Tonnen des Klimakillers Kohlendioxid zukaufen müsse, so Großmann.

"Deutschland isoliert sich", warnte der RWE-Chef

"Deutschland isoliert sich", warnte der RWE-Chef - und nutzte angeblich drohende Arbeitsplatzverluste etwa in der energieintensiven Aluminiumindustrie zur Werbung für billigen Atomstrom. Großmann bleibt deshalb stramm auf Atomkurs: In Großbritannien plant RWE den Bau sechs neuer Atomkraftwerke. Auch die polnische Regierung wolle die Essener als Partner gewinnen, berichtete gestern die Wirtschaftswoche - wegen der "konsequenten Pro-Atom-Politik von Jürgen Grossmann".

Aktionärsvertreter aber reagierten harsch auf den drohenden Gewinneinbruch: Warum RWE als größter europäischer Kohlendioxid-Emittent noch immer auf die besonders klimaschädliche Braunkohle setze, fragte etwa der Vertreter eines britischen Pensionsfonds, der nach eigenen Angaben Investitionen in Milliardenhöhe vertrat. Dass bei RWE mittlerweile die Nerven blank liegen, war schon am Vortag klar geworden: Einigen Medien wurde die Anmeldung zur Hauptversammlung aus Platzgründen verwehrt.

Fast wäre die taz an Teilnahme gehindert worden

Auch der taz sicherte erst eine Einladung der Kritischen Aktionäre den Zugang. Dabei blieben in der Grugahalle Hunderte Sitzplätze frei. Unterbunden werden sollte so wohl die Berichterstattung über Anträge von atomskeptischen Anteilseignern: So forderte der Dachverband der Kritischen Aktionäre zusammen mit der Umweltschutzorganisation Urgewald Großmanns Rücktritt - wegen dessen "aggressiven Atomkurses".

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