Historischer WM-Triumph der Philippinen: Erfolgreiche Exilantinnen

Die WM-Neulinge von den Philippinen gewinnen gegen Neuseeland. Wobei eigentlich nur eine Spielerin von dort ist. Die Mehrheit stammt aus den USA.

Zwei jubelnde philippinische Spielerinnen

Freude pur: Torhüterin Olivia McDaniel und Sofia Harrison feiern den Führungstreffer der Philippinen Foto: Andrew Cornaga/ap

Nur ein einziges Mal wirkte die Torhüterin Olivia McDaniel an diesem Abend leicht überfordert. Es war auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Wobei in diesem Fall Nachsicht geboten ist. Es ist nicht einfach, wenn man plötzlich zum Gesicht eines historischen Erfolges wird, den ihr Trainer Alen Stajcic gleich einen Platz im obersten Regal reservierte. Dies sei „einer der größten Sporterfolge für die Philippinen überhaupt“, sagte er.

Olivia McDaniel, die wegen ihrer herausragenden Paraden beim 1:0-Erfolg gegen Gastgeber Neuseeland zur Spielerin des Spiels gewählt wurde, stellte klar. „Es geht nicht nur um mich.“ Es sei der Sieg ihrer Mitspielerinnen, des Trainerteams, und derer, die im Hintergrund arbeiteten. Und als ihrem Gefühl nach die Fragerunde beendet war, flüsterte sie der Moderatorin von der Fifa die Frage zu: „Kann ich jetzt gehen?“

Der Australier Stajcic, der die Filipinas seit Oktober 2021 betreut, konnte die große Bühne nach dem Erfolg etwas mehr genießen. Er versicherte: „Ich habe die Tränen aller anderen in meinen Augen, es ist so emotional.“ Und er war fair genug, um einzuräumen, dass man sich auch einiges Glück verdienen musste. Unter etlichen guten Gelegenheiten der Neuseeländerinnen hatte Jaqui Hand die beste, als sie nur den Innenpfosten traf. Und ihr vermeintliches Kopfballtor wurde nach einer Videoüberprüfung im Millimeterbereich zurückgenommen – Abseits. Am Ende hatten die WM-Neulinge von den Philippinen Neuseeland auch in der Geschichtsskala geschlagen. ­Stajcic hob hervor: „Sie haben gesehen, wie lange Neuseeland auf den ersten WM-Sieg warten musste. Sechs Weltmeisterschaften. Es heute zu schaffen, das ist unglaublich.“

Aber was heißt hier Neulinge von den Philippinen? Mit Anicka Castañeda ist aus dem 23-köpfigen Kader nur eine Spielerin in dem Inselstaat geboren. Die 23-Jährige kam am Dienstag nicht zum Einsatz. Die große Mehrheit (18 Spielerinnen) stammt aus den USA, Torhüterin McDaniel beispielsweise aus Laguna Beach in Kalifornien. Der Geburtsort von Sarina Bolden, die in der 24. Minute per Kopf erstmals den Ball in Richtung Tor beförderte und fürs historische erste philippinische WM-Tor sorgte, liegt ebenfalls in Kalifornien (Santa Clara).

Talentepool in Kalifornien

Kalifornien, wo die Filipinos die drittgrößte ethnische Community bilden, ist so etwas wie das Drehkreuz des philippinischen Frauenteams. Mit der Weltmeisterschaft soll auf den Philippinen selbst ein Boom für den Frauenfußball ausgelöst werden. Die Fifa rühmt sich selbst dafür, mit ihren Entwicklungsprojekten den Fußball dort vorangetrieben zu haben. Aber noch ist das Nationalteam hauptsächlich in den Händen der Exilantinnen aus den USA.

Diese mussten jedoch erst einmal gescoutet werden. Die beiden Filipinos Butch Impelido, der selbst talentierte Töchter hat, und Mark Mangune kann man laut Yahoo Sports als die maßgebliche Kräfte für den Aufbau des philippinischen Nationalteams bezeichnen. Mangune wurde 2012 vom philippinischen Fußballverband offiziell zum Verbindungs- und Rekrutierungsbeauftragten ernannt. Sie fragten in den USA Trainer und durchforsteten Zeitungen oder das Internet nach philippinischen Namen und erstellten sich, so Mangune, eine Datenbank von etwa 800 Mädchen. Ohne finanzielle Gegenleistung, wie die beiden sagen.

Anfangs, berichtete Mangune, hätte er auf Anfragen bei potentiellen Spielerinnen keine Antwort erhalten, weil sie das Angebot, eventuell einmal für das philippinische Nationalteam spielen zu können, für nicht glaubwürdig und seriös hielten.

Anfang des Jahres berichtete der Guardianneulich, gab es im Großraum Los Angeles ein Camp, wo 400 junge philippinische Fußballerinnen gescoutet wurden.

Im aktuellen WM Kader sind auch Spielerinnen mit norwegischen, kanadischen oder australischen Wurzeln. Die Community der Filipinos ist über die Welt weit verstreut. Das hat man auch in Auckland beim historischen Erfolg gegen Neuseeland hören können. Die Fans der Philippinen machten auf den Tribünen mächtig Lärm, als Sarina Bolden in der 24. Minuten den letztlich entscheidenden Treffer erzielt hat.

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