HoGeSa-Demo in Hannover: Hools enttäuschen Hools

Weit weniger Teilnehmer als erwartet kommen zur Kundgebung nach Hannover. Die üblichen Parolen verpuffen, Krawalle bleiben aus. Viele reisen früher ab.

Von Angesicht zu Angesicht: Polizisten und HoGeSa-Teilnehmer. Bild: dpa

HANNOVER taz | Es ist zwei Minuten nach drei Uhr, als sich in Hannover auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) bei der Kundgebung der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) eine Auseinandersetzung anbahnt. Vom gegenüberliegenden Andreas-Hermes-Platz schallt türkische Popmusik der Gegendemonstration herüber. Kurzfristig kommt es zu Rangeleien zwischen Polizisten und Linken, die versuchen, eine Absperrung zu durchbrechen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. In Gewahrsam kommt jedoch niemand, so ein Sprecher der Polizei gegenüber der taz.

Auch hinter dem Bahnhof gibt es Gerangel, allerdings nicht, weil man die Polizeisperre durchbrechen will, sondern zwischen einzelnen HoGeSa-Teilnehmern. Es wird geschlagen, geschubst, gebrüllt. Eine Frau, die eine Ordnerbinde trägt, keift: „Hört auf, was soll der Scheiß!“. Ein Mann, auch mit Binde, brüllt ebenfalls: „Aufhören!“. Um was es geht, ist nicht klar. Als Polizisten sich darauf vorbereiten, einzugreifen, können die Ordner die eigenen Anhänger voneinander trennen. Keine 40 Minuten später ist die Kundgebung offiziell beendet.

Seit dem Vormittag waren etwa 3.000 Hooligans und Rechtsextreme zu der Demo in der niedersächischen Landeshauptstadt eingetroffen. Doch ein Marsch durch die Stadt wird es nicht. War ein Verbotsversuch der Veranstaltung auch gescheitert, gab es massive Auflagen und so wurde die Demo zu einer Veranstaltung hinter dem Bahnhof. Dort skandieren die Hools „Ho, ho Hooligans“, „Hier marschiert der nationale Widerstand“ oder auch „Auf die Fresse, deutsche Presse“.

Auf die Frage „Warum nehmen Sie an der Kundgebung teil?“, antwortet ein Mann nur „Halts Maul!“. Er trägt einen schwarzen Kapuzenpullover mit dem Aufdruck „HoGeSa für Deutschland – die Familie hält zusammen“. Ob er sich nicht äußern wolle, wo es doch eine politische Veranstaltung sei? „Verpiss dich!“

Unter den vermeintlich nicht-rechten Hooligans bewegen sich Anhänger von fast allen rechten Parteien, von „Die Rechte“ bis zu „Die Freiheit“. Sigrid Schüssler, die gerade erfolglos für den NPD-Bundesvorsitz kandidiert hat, wartet auf Karl Richter, der unlängst den bayerischen Landesvorsitz der NPD niedergelegt hat und jetzt für die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ im Münchner Stadtrat sitzt.

Sprechchöre für „Freiheit“-Chef

Die richtig gute Stimmung will bei den Teilnehmern allerdings nicht aufkommen. Bleiben sie doch weit unter den angekündigten mehr als 5.000 Teilnehmern. Vor dem Laster, der als Bühne dient, stimmen einige immer wieder Parolen wie „Wir wollen alle Salafistenschweine“ und „Deutschland, Deutschland, hoch die Faust, diese Schweine müssen raus“ an, aber sie verebben schnell.

In Sprechchöre verfallen die Demonstranten nur, als sich der Bundesvorsitzende der „Die Freiheit“, Michael Stürzenberger, bei ihnen ­ für ihren Kampf gegen die Islamisten, den „Köpfeabschneidern“, bedankt. Dass er den Nationalsozialismus aufgrund des „Sozialismus“ als links bezeichnet, kommt wiederum gar nicht gut an.

Auch Liedermacherin Karin Mundt, die bei der NPD aktiv ist, kann die Menge nicht mitreißen. Vielleicht, weil die Lautsprecheranlage nicht so gut ist. Vielleicht auch, weil sie „die Band“ dieser Szene, die sich zwischen Politik und Fußball bewegt, nicht ersetzen kann: „Kategorie C ­ Hungrige Wölfe“. Die Band um Hannes Ostendorf hat den Song für die Szene geliefert: „Hooligans gegen Salafisten“. In Hannover hat die Polizei einen Auftritt jedoch untersagt. So erklingt aus der Retorte das Lied mit dem Refrain: „Hooligans gegen Salafisten. Wir wollen keinen Gottesstaat, Hooligans gegen Salafisten, sonst wird Deutschland ein Massengrab.“

Aufgehalten von der Polizei

Zu der Kundgebung erscheint Ostendorf allerdings; grüßt und redet. Ein Star der Szene zum Anfassen. Aus einem Wagen neben der Bühne wird von der Band Merchandising verkauft. Im Angebot: „Hoolizei ­ Anti Sharia Team“. Den Text von „Hooligans gegen Salafisten“ lassen die Veranstalter extra verteilen. Die Stimmung wird dennoch nicht besser. Schon um 14 Uhr verlassen Hooligans und Rechtsextreme zu Hunderten die Kundgebung.

Sie wären noch früher gegangen, wenn die Polizei sie nicht wegen der Regelung der frühzeitigen Abreise hätte warten lassen müssen. „Langweilig“, sagt ein enttäuschter Hooligan. Lediglich im Bahnhof kommt es zwischen Kundgebungsteilnehmern und Gegendemonstranten zu Wortgefechten über die Polizeigitter hinweg.

Bereits ab 10 Uhr morgens lief die erste Demonstration „Gemeinsam gegen Rassismus und religiösen Fundamentalismus“. Um 11 Uhr begann die Veranstaltung „Bunt statt Braun“. Dort erklärt Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD), in Hannover sei „kein Platz für Rechte“. Gut 6.000 Demonstranten nehmen teil – und damit deutlich mehr als bei der HoGeSa-Demo. „Wirklich ein schönes Zeichen“, sagt Helge Limburg, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen Landtagsfraktion. Am Bahnhof betont er: „Die Versammlung zeigt, wie eng Hooligans und Rechtsextreme miteinander verbunden sind.“

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