Hype um einen sehr jungen Youtuber: Der Genosse aus der vierten Klasse

Das Internet feiert einen zehnjährigen Kommunisten. Auf Youtube erläutert er seine politischen Thesen. Und wirkt dabei nicht einmal altklug.

Mao-Statue aus Froschperspektive

Im Bild: ein sehr altes kommunistisches Idol. Nicht im Bild: ein sehr junges Foto: flocu/photocase.de

BERLIN taz | „Here's why we need Communism“, sagt Dylan in die Kamera und hebt den Zeigefinger. Die Geste passt nicht recht zu seinem Kinderhändchen. Dann erklärt Dylan, warum er den Kapitalismus abschaffen will: „Wir können doch nicht die Leute auf der Straße sitzen lassen, weil sie keine Jobs kriegen“, schnauft der Viertklässler. Er ist ein bisschen aus der Puste, weil er sich beim Reden im Kreis dreht. Im Hintergrund verschwimmt das Haus seiner Eltern neben anderen weißen Vorstadthäuschen.

Dylan aus Quebec ist zehn Jahre alt, ein bisschen pummelig und ein Idol. Zumindest im Internet. Sein Youtube-Video „We need Communism“ hat wohl einen Nerv getroffen. Der Subreddit „Socialism“ ist voller Kommentare, die ihn als Revolutionsführer vorschlagen. Fans posten die Clips, die er unter dem Alias „Sceneable“ veröffentlicht, und kommentieren sie mit „Genosse Sceneable ist der Held, den wir brauchen, aber nicht verdient haben“. Ein Online-Magazin hat ihn interviewt. Und selbstverständlich gibt es schon Sceneable-Memes.

Inzwischen haben fast 300.000 Menschen das „We need Communism“-Video angeschaut. Es hat ihm 23.000 neue Abonnent*innen verschafft.

Sceneable lädt fast jede Woche ein neues Video hoch. Mal lümmelt er auf dem Sofa, mal rennt er im Garten umher und meistens hat er Jogginghosen und Pullover an, die ein ganz bisschen zu groß sind. Er spricht über die Unterdrückung von Frauen oder über seine Theorie, warum Gott gar nicht omnipotent – oder, in Dylans Schreibweise, „omnipitant“ – sein kann. Einer der neuesten Filme heißt „Michel Obama 2020“.

Dylan verkörpert, was viele bei Politiker*innen vermissen

Die Rechtschreibfehler tragen dazu bei, dass Dylan weder altklug noch naseweis rüberkommt, sondern eigentlich ziemlich sympathisch. Seine Monologe folgen einer Kinderlogik, gegen die sich kaum argumentieren lässt.

Natürlich könnten die Auftritte von seinen Eltern gesteuert sein. Aber dafür tritt Dylan zu authentisch auf und vor allem ist er ein Idol, an das man glauben will.

Er selbst ist nicht nur überrascht von der großen Resonanz, sondern auch davon, dass sie so positiv ist. Das sagt er in einem Clip, den er extra gedreht hat, um sich für die Aufmerksamkeit zu bedanken. Er habe eigentlich, wenn überhaupt, mit Hasskommentaren gerechnet. „Das ist ein sehr wichtiges Video“, sagt Dylan. Dann muss er kurz pausieren und versucht, ein Aufstoßen zu unterdrücken. Was herauskommt, ist ein ganz kleiner Kinderrülpser.

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