Immobilienspekulation in Berlin: Am Ende trägt die Stadt das Risiko

Mit dem Verkauf seines Hochhausprojekts am Alex beweist Signa, dass Investor:innen keine verlässlichen Partner:innen für Stadtentwicklung sind.

Galeriafiliale am Alexanderplatz mit Brunnen davor

Signa verkaufte die Galeria Filiale am Alex samt Hochhausprojekt „Mynd“ Foto: dpa

Großspurig als ein „neues Wahrzeichen“ bezeichnete der Immobilienkonzern Signa sein Hochhausprojekt „Mynd“ am Alexanderplatz. Um Platz für den 134 Meter großen Büroturm zu schaffen, riss das Unternehmen sogar einen Teil der Galeria-Filiale ab.

Doch nun teilte Signa am Montag mit, die Immobilie samt Warenhaus an einen Commerzbank-Fonds verkaufen zu wollen – obwohl es bis zur Fertigstellung des Hochhauses noch ein paar Jahre dauern wird. Mit dem Verkauf lagert Signa die Risiken eines immer stärker kriselnden Immobilienmarkts geschickt aus – nicht nur auf den Käufer, sondern vor allem auf die Stadt.

Über die tatsächlichen Gründe des Verkaufs lässt sich nur spekulieren – Signa hat sich zum Verkauf bislang noch nicht öffentlich geäußert –, doch ein entscheidender Grund dürfte die derzeit angespannte Situation am Immobilienmarkt sein.

Ex­per­t:in­nen gehen davon, dass die Zeiten, in denen sich Immobilienpreise ausschließlich nach oben entwickeln, endgültig vorbei sind. Dazu kommen explodierende Baukosten und steigende Zinsen, die Projektfinanzierung schwerer machen.

Unkalkulierbare Risiken

Der Verkauf der Immobilie aus Signas auf Filetstücke spezialisierten Sparte „Primeselection“ deutet darauf hin, dass das Unternehmen selbst nicht mehr damit rechnet, dass sich der Wert des Gebäudes in Zukunft noch deutlich steigern lässt. Statt die Risiken des schwankenden Marktes zu tragen, sackt das Unternehmen in bester Spekulant:innen-Manier die Gewinne ein und macht sich aus dem Staub.

Sollten jetzt noch unerwartete Schwierigkeiten auftreten, wie etwa beim benachbarten Hochhausprojekt Covivio, bei dem seit der Absenkung des Tunnels der U2 Baustopp ist, oder dem Monarch-Tower, der es aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten nicht über das Stadium der Baugrube hinaus geschafft hat, wäre das zwar tragisch für alle Berliner:innen. Signa kümmert es aber nicht mehr.

Besonders bitter ist der Verkauf für den Senat. Die Stadtregierung hatte dem Unternehmen im Zuge der Galeria-Insolvenz 2020 in einer Absichtserklärung das Baurecht für die Signa-Projekte am Alexanderplatz, Hermannplatz und Kurfürstendamm erst ermöglicht und somit die Grundlage für den Verkaufsgewinn geschaffen. Im Gegenzug hatte Signa mehrjährige Standortgarantien für vier Galeria-Filialen zugesagt. Signa beteuerte immer wieder, mit den Bauprojekten auch die Warenhausfilialen „zukunftsfähig“ machen zu wollen. Nun gehört die Galeria-Filiale mitsamt angebautem Hochhaus der Commerzbank. Ob und wie lange die neue Eigentümerin die Filiale weiterbetreiben will, liegt nun nicht mehr in Signas Hand.

Der neue Senat muss aus dem Verkauf nun endlich die Lehre ziehen, dass zwielichtige In­ves­to­r:in­nen keine verlässlichen Partner für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung sind.

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