Initiative für Kindern von Nichtakademikern: Mut zum Studium durchs Web

Ein Internetportal will Arbeiterkinder ermutigen, an die Hochschule zu gehen. Nur 23 Prozent dieser Kinder besuchen Uni.

Geldmangel? Skeptische Eltern? Arbeiterkinder, traut euch zur Uni! Sagt auch Oliver Bierhoff. Bild: dpa

BERLIN taz "Was willst du denn mit diesem komischen Fach nach dem Studium anfangen?" Das fragen sich nicht nur viele Studenten täglich selbst. Das fragen auch Eltern, die nicht begeistert sind von der Idee, dass ihr Kind studieren will. Meistens sind das Eltern, die selbst nicht studiert haben, glaubt Katja Urbatsch: Deshalb hat sie die Initiative ArbeiterKind gegründet, die Schüler aus nichtakademischen Elternhäusern zum Studium ermutigen soll.

Mit dem Internetportal ArbeiterKind.de thematisiert die Initiative all die Hindernisse, die Arbeiterkindern auf ihrem Weg ins Studium im Wege stehen - von Geldmangel bis zu skeptischen Eltern.

Große Hindernisse sind es offenbar, denn in Deutschland nehmen von 100 Kindern nichtakademischer Herkunft später nur 23 ein Hochschulstudium auf, obwohl doppelt so viele die Hochschulreife erreichen. Das belegt die aktuelle Sozialstudie des Studentenwerks. Zum Vergleich: Von 100 Akademikerkindern studieren später über 80 Prozent.

"Eltern raten meistens dazu, den Weg zu gehen, den sie selbst gegangen sind", sagt ArbeiterKind-Initiatorin Katja Urbatsch. Und nicht selten hätten Nichtakademiker, für die eine Universität fremdes Terrain ist, Vorurteile. Von "Studenten liegen dem Staat auf der Tasche" bis zu "Als Student bist du später arbeitslos und musst Taxi fahren" - eine Sammlung demotivierender Sprüche und passender Gegenargumente auf der Internetseite soll Jugendlichen helfen, zum Studium zu stehen.

Um die Schüler anzusprechen, will die Initiative besonders dort werben, wo sich auch ihre Zielgruppe mutmaßlich herumtreibt: im Internetportal SchülerVZ etwa. An der Zielgruppe vorbei schießen nämlich etwa Studienstiftungen, die sich in überregionalen Tageszeitungen vorstellen, sagt Urbatsch - "denn die lesen die meisten Arbeiterkinder ja gar nicht".

Weil es so einen großen Aufklärungsbedarf über Finanzierungsmöglichkeiten gibt, können Abiturienten sich im Internetportal auch über das Bafög und die großen staatlichen und privaten Stiftungen informieren. Im Portal stehen zudem die Erfahrungen von aktuellen Stipendiaten. Die Stipendiaten geben dort zum Beispiel Tipps, wie man sich auf ein Bewerbungsgespräch bei der Heinrich-Böll-Stiftung vorbereitet, und Informationen darüber, welches Engagement die Rosa-Luxemburg-Stiftung von einem erwartet.

Für ihre Initative haben die sechs derzeitigen Mitglieder bereits eine Auszeichnung bekommen: Im Rahmen des Wettbewerbs "startsocial" zur Förderung sozialer Projekte gewann die Initiative im Februar ein Beratungsstipendium. Der von Wirtschaftsunternehmen initiierte Wettbewerb unter Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Merkel stellte ArbeiterKind.de für einen Zeitraum von drei Monaten zwei Berater zur Seite.

Direkt zu Schulen gehen, das Projekt lokal anbinden - die Tipps der Berater will die Initiative in die Praxis umsetzen. Im Herbst startet ein Modellprojekt in Gießen, bei dem das Team Schulen besuchen wird, um mit den Schülern persönlich zu sprechen - und sie zu ermuntern, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

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