Internetauftritt der Öffentlich-Rechtlichen: Kompromiss ist möglich
Auf der IFA-Medienkonferenz haben Springer, ARD und ZDF erklärt, einen Kompromiss beim Streit um Netzinhalte finden zu wollen. Nur bei der Tagesschau-App soll es keinen geben.
BERLIN taz | Zu Beginn von Medienkonferenzen erzählt Springer-Chef Mathias Döpfner gern die Geschichte, wie sie anno 2007 bei Google waren und sich Spezies der Gattung aussterbende Verleger mit feiner Ironie vor einem Dinosauerier fotografien ließen.
Woher sie kämen und was sie denn so machten, habe die Kamerafrau von ihnen wissen wollen. Sie seien aus Deutschland und machten in Zeitungen, hätten sie wahrheitsgemäß geantwortet. Worauf die Dame gesagt habe: "Ja, Presse, davon habe ich gehört, da gab es mal was."
Wenn diese Geschichte nicht stimmt ist, ist sie auch noch schlecht erfunden. Egal, Döpfner erzählte sie auch am Montag wieder einmal, bei der Eröffnung des Medienkongresses zur Berliner IFA – um gleich darauf ARD und ZDF ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen können.
"Wir brauchen ein verlässliche Architektur in der digitalen Welt", die Öffentlich-Rechtlichen sollten auch im Netz "tun und lassen, was sie wollen", Apps inklusive. Ein Rückzug vom jüngsten Streit um die tagesschau-App der ARD, gegen die mehrere Verlage, darunter Springer, derzeit gerichtlich zu Felde ziehen? Jein: In dem Moment, in dem das Angebot zu textlastig wird oder in Spezialkategorien ausfächert, sollen diese Angebote kostenpflichtig werden, fordert Döpfner. Und die tagesschau-App gehört für ihn klar dazu. Die Klage allerdings "sollte man nicht zu hoch hängen".
Auch ARD und ZDF signalisieren Kompromissbereitschaft: Dem designierten ZDF-Intendanten Thomas Bellut fällt das leicht, weil die heute-App noch gar nicht da ist. Was allerdings weniger an der Kompromissbereitschaft des Zweiten, als an der Hartleibigkeit von Apple liegt, wo die App derzeit festhängt.
Für die ARD sprach derweil RBB-Intendantin Dagmar Reim das Jein: Man sei sehr für Kompromisse, "nur dauert das in einer großen Gemeinschaft wie der ARD schon mal länger". Doch bei der tagesschau-App soll es keinen Raum für Kompromisse geben: "Das ist Kern unseres Auftrags und muss kostenlos bleiben", so Reim.
Damit ist der Kompromiss eigentlich schon da: Die tagesschau-App macht einfach ein bisschen weniger Text, ein paar Spezialangebote werden zusätzlich kostenpflichtig. Und die Verleger sind zufrieden – auch wenn es ihnen vermutlich kaum nützen dürfte. Denn selbst wenn ARD ud ZDF morgen komplett aus dem Netz verschwänden – ein wirklich tragfähiges Geschäftsfmodell haben die Herren der Presse immer noch nicht.
Leser*innenkommentare
GEZ Zahler
Gast
Ich kenne kein Programm eines deutschen Verlegers was inhaltlich (Aktualität, Seriosität, Umfang) oder technisch (Benutzerführung, Ladezeiten) mit mit der Tagesschau-App konkurrieren könnte (sorry taz). Natürlich ist dies nur möglich, weil die Nachrichtenredaktion von ARD - auch Dank öffentlicher Mittel - personell sehr gut aufgestellt ist. Die Wut von Springer und Co. ist daher schon verständlich. Auf der anderen Seite stehen aber die Interessen der GEZ-zahlenden Nutzer und die bewerte ich einfach höher. Natürlich ist die Tagesschau App - genau so wie die Webseite - Text lastig, aber das ist ein Service den ich nicht vermissen mag. Meiner Meinung nach zahle ich GEZ unter anderen für die Qualität der öffentlich-rechtlichen Nachrichten. Warum eine gut ausgebaute Redaktion dazu verdonnern nur Videos zu produzieren und keine Text zu schreiben? Bei Qualitätsjournalismus sollte die Aufbereitung der Informationen den kleineren Teil der Arbeit machen. Recherche, Überprüfung und Einordnung von Nachrichten ist das wofür ich als GEZ Zahler Gebühren entrichte.
wolf26
Gast
Die ganzen Tagesschau-Apps sind doch nur was
für Hilfschüler, die sich weiter verblöden
lassen wollen.
Tomate
Gast
Wenn jetzt der Springer-Konzern über die Verwendung meiner Rundfunkgebühren mitentscheiden darf, dann werde ich demnächst eben keine mehr zahlen. Mit ausreichender Umsicht kann man eine Abmeldung schon durchsetzen.
Ist mir ganz neu, dass unser Staat bzw. seine Institutionen bei der Frage, wie mit unseren Gemeinschaftsbeiträgen verfahren wird, erst mal die Zustimmung irgendwelcher Unternehmer einholen muss. Zumindest ganz offen, statt wie bisher insgeheim und hinter vorgehaltener Hand.
Demnächst wird dann wohl der Bildungsetat der Länder mit Privat-Unis, Privatschulen und sonstigen Wirtschaftsunternehmen ausgehandelt. Und die Hartz-IV- bzw. Sozialhilfesätze mit den Verbänden der Pfandleiher und Inkasso-Anwälte.
Noch besser: wir handeln unsere Sicherheitsgesetzgebung und unser Strafrecht direkt mit der Mafia aus. Denn die sind ja auch marktmäßig davon betroffen und haben unmittelbare Sachkompetenz.