Italiens Regierung steht: Ein Kabinett aus puren Technokraten

Die neue Notstandsregierung in Rom trägt einen feinen Wahlspruch: "Rigorismus, Wachstum, Gerechtigkeit". Kein einziger Politiker ist dabei.

Wird nicht nur Premier, sondern auch Wirtschaftsminister: Mario Monti. Bild: reuters

ROM taz | Mario Montis Regierung steht. In Rekordzeit gelang es dem Ökonomieprofessor und früheren EU-Kommissar, ein schlankes Technokratenkabinett zu bilden, dem außer der Lega Nord alle Parlamentsparteien das Vertrauen aussprechen werden.

Erst letzten Dienstag hatte Silvio Berlusconi nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament seinen Rücktritt angekündigt, erst am Samstag dann war er wirklich gegangen. Doch unter dem Eindruck der massiven spekulativen Attacken auf Italien kam die Regierung Monti in Rekordzeit zustande.

Kein einziger Politiker wird in ihr vertreten sein. Ein reines Expertenkabinett wird Italien nun regieren. Monti reservierte sich selbst neben dem Amt des Premiers auch das Schatzministerium. Wirtschafts- und Infrastrukturminister wird der bisherige Chef der Großbank Intesa San Paolo, Corrado Passera.

Das Verteidigungsressort wird ein Admiral übernehmen, das Außenministerium der bisherige Boschafter in Washington Giulio Terzi. Die Professorin Paola Severino wird Sozial- und Arbeitsministerin, die bisherige Präfektin Anna Maria Cancellieri wird für Inneres, die Vizerektorin der römischen Wirtschaftsuniversität LUISS Paola Severino für Justiz zuständig sein.

Treue Katholiken

Zahlreiche wirtschaftsnahe Fachleute, dazu treue Katholiken wie der Gründer der San Egidio-Gemeinschaft Andrea Riccardi (Internationale Zusammenarbeit) und der künftige Kulturminister Lorenzo Ornaghi machen das Profil des Kabinetts Monti aus. Keine klassische Koalitionsregierung, sondern eine "Regierung des Präsidenten" erhalten die Italiener mit ihr: Giorgio Napolitano setzte die Lösung in den vergangenen Tagen durch.

Das katholisch-liberalkonservative Kabinett ist meilenweit vom Berlusconismus entfernt, zugleich aber dürfte auch Italiens Linke sich nur deshalb in ihm wiederfinden, weil es momentan schlicht keine Alternative gibt. Monti machte schon in den letzten Tagen deutlich, dass er drei Leitsterne habe: "Rigorismus, Wachstum, Gerechtigkeit". Doch er wird jedes einzelne seiner Vorhaben durchs Parlament bringen müssen - durch ein Parlament, dessen Parteien sehr unterschiedlich bestückt sind.

So machen die Berlusconi-Parteigänger schon jetzt klar, dass sie Monti als "Regierungschef auf Zeit" betrachten: Seine Aufgabe sei es, den Notstand zu bewältigen und dann zu gehen. Die bisherige Mitte-Opposition unter Pierferdinando Casini, dem Chef der christdemokratischen Zentrumsunion, findet sich dagegen perfekt in der neuen Regierung wieder; Casini hofft, sie könne den Auftakt zu einer moderat-christdemokratischen Abkehr des Landes vom Berlusconismus darstellen. Weit unbequemer ist die Position des Partito Democratico (PD): Er setzt auf den Sanierer Monti, muss aber große Spannungen in der eigenen Wählerschaft fürchten.

Und weiter steht die Frage im Raum, ob Monti nicht doch "zu spät" kommt: Wenigstens am Dienstag honorierten die Finanzmärkte die sich abzeichnende blitzschnelle Regierungsbildung nicht. Die Zinsen auf italienische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit durchbrachen erneut die 7%-Marke.

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