Kampagne gegen Vorratsdatenspeicherung: Die unantastbare Würde

Zum Geburtstag des Grundgesetzes startet eine Kampagne gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Eine E-Petition kann bereits 64.000 Unterschriften vorweisen.

Wieviel Vorrat hat er sich wohl schon gespeichert? Bild: suze / photocase.com

BERLIN taz | Zum Jahrestag des Inkrafttreten des Grundgesetzes ist genau dieses in Gefahr. So scheint es jedenfalls nach der aktuellen gemeinsamen Online-Kampagne des Chaos Computer Club und weiteren Netzaktivisten. Die Kampagne „Verdachtsfrei-Anlasslos-Nutzlos“ möchte an ein bestimmtes Grundrecht erinnern: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Innenminister Hans-Peter Friedrich möchte die von der EU-Richtlinie geforderte Vorratsdatensicherung umsetzen. Bis zu einem halben Jahr sollen die Provider jegliche Telekommunikationsdaten von allen Bürgern speichern. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hingegen will nur bei konkreten Verdacht eine Vorratsdatensicherung anwenden lassen.

In einem Brief an Leutheusser-Schnarrenberger hat Friedrich erneut klargestellt, wie wichtig es sei, dass Deutschland den bestehenden Verpflichtungen nachkomme. Sollte Deutschland der Forderung nicht nachkommen, droht eine Geldstrafe. Zu beachten sollte sein, dass Deutschland aktuell 22 Richtlinien entweder kaum oder nur mangelhaft umsetzt.

Die am Mittwoch gestartete Kampagne des Chaos Computer Club, der FoeBuD und des Arbeitskreis Vorratsdatensicherung möchte auf die Pläne des Innenministers und auf die Gefahr eines Überwachungsstaats aufmerksam machen. Als Hilfsmittel dient ein von den Aktivisten produziertes Video:

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Grafisch aufbereitet wird mit einfachen Worten erklärt, wie es mit der Vorratsdatenspeicherung anfing und wie sie funktioniert. Zudem wird im Video erklärt, wie der aktuelle Stand der Debatte in Deutschland und der EU ist, so Dirk Engling, Sprecher des CCC. Des Weiteren ergänzt Werner Hülsmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, „gehe es bei der Kampagne darum, den Menschen zu zeigen, warum es gefährlich ist, wenn anhand der alltäglichen Kommunikation detaillierte Freundschafts- und Bewegungsprofile erstellt werden“.

Der Gesetzesentwurf besagt, dass gespeicherte persönliche Informationen nicht zugänglich sind. Doch vergangene Datenmissbrauchsskandale zeigten, dass kaum eine Datenbank nicht zu hacken wäre. So sind vor einigen Tagen Hacker in das Computernetz der SPD eingedrungen und haben mindestens 1900 Logindaten und Passwörter entnommen und veröffentlicht.

Es besteht die Gefahr, zu einem gläsernen Bürger zu werden und vom „Falschparker zum Terroristen“, wie das Video warnt. Und dass Straftäter durch eine Vorratsdatenspeicherung schneller gefasst werden, konnte der wissenschaftliche Dienst des Bundestags bereits widerlegen. Sie hat die Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung in mehreren Studien untersucht und ermittelte Februar 2011, dass „die Erfolge der Vorratsdatenspeicherung sich in einem sehr kleinen Rahmen halten“.

Eine E-Petition kann mittlerweile 64.000 Unterschriften von Bürgern vorweisen, insbesondere Ärzte, Juristen, Gewerkschaften und Bürgerrechtsorganisatoren gehören zu den Unterzeichnern. Auch Ermittler der Polizei sollen die Vorratsdatenspeicherung anzweifeln, so Rena Tangens von der FoeBuD.

Weitere Stimmen und Aufmerksamkeit soll die Kampagne bringen, denn noch warten die Aktivisten auf einen Termin für die Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Bundestags. Hülsmann befindet für „bedenklich, dass sich der Ausschuss fortwährend über das berechtigte Begehren aus der Bevölkerung zur Mitsprache hinwegsetzt.“

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