Karl Maier über Filmförderung: „Es stellte sich die Existenzfrage“

Das Film- und Medienbüro Niedersachsen feiert seinen 30. Geburtstag und der Geschäftsführer Karl Maier geht in Rente. Er will, dass Filmförderung Wagnisse eingeht

Cineast auf dem zweiten Bildungsweg: Karl Maier Foto: Kerstin Hehmann

taz: Herr Maier, was ist das Film- und Medienbüro Niedersachsen (FMB)?

Karl Maier: Wir sind ein Interessenverband für Filmschaffende. Zu unseren Mitgliedern zählen Autoren, Regisseure, Produzenten, Kinobetreiber, Festivalorganisatoren und Journalisten. Unser Ziel ist es, die Bedingungen für unabhängiges Filmschaffen zu verbessern. Dafür machen wir Lobbyarbeit und versuchen bei den Behörden, im Landtag, bei Fernsehsendern und bei der Filmförderung Nordmedia in diesem Sinne Einfluss zu nehmen.

Es besteht ja ein grundlegender Unterschied zur „Filmwerkstatt Kiel“ und dem „Filmbüro Bremen“, die zwar in geringem Maße, aber immerhin selbst kulturelle Filmförderung betreiben. War das nicht auch eine der ursprünglichen Aufgaben des FMB?

In unserer Geschichte gab es ein großes Auf und Ab. Nach der Gründung 1986 haben wir vor allem ehrenamtlich versucht, für die Interessen unserer Mitglieder einzutreten. Und da kämpften wir dann auch für eine Filmförderung in Selbstverwaltung, wie es sie in anderen Bundesländern bereits gab. Anfang der 90er-Jahre ist es uns dann gelungen, auch in Niedersachsen eine kleine kulturelle Filmförderung unter unserer Leitung einzurichten. Doch nach der Gründung der Nordmedia wurde diese Förderung eingestellt. Wir hatten zuerst noch die Hoffnung, dass wir als Mitglieder des Vergabeausschusses weiter Einfluss nehmen konnten, aber das war nicht der Fall.

Das FMB ist in den Medien gut präsent. Es gibt einen Rundbrief, Tagungen und andere Aktivitäten. Wie kam es dazu?

Schon früh nach unserer Gründung haben wir gemerkt, dass wir eine Publikation brauchen, um unsere Themen in die Öffentlichkeit zu bringen. Seit 1987 bringen wir viermal im Jahr unseren „Rundbrief“ heraus. In den 90er-Jahren haben wir dann in unserer Filmschau „Inventur“ an einem Wochenende im Jahr mit Publikum und den Filmschaffenden die interessantesten Produktionen des Bundeslandes gezeigt und diskutiert. Wir gehörten damals auch zu den ersten, die mit einem „location guide“ einen Drehortführer produzierten. Damit waren wir damals weiter als die großen Förderer in Bayern oder Nordrhein-Westfalen. 2001 übernahm die Nordmedia die Projekte. Sie fielen aber einer Kürzungswelle zum Opfer.

Aber es gab neue Projekte wie etwa selbst produzierte Fernsehsendungen. Sind die aus der Not geboren worden?

2005 fielen für uns Mittel zur Finanzierung der Personalstellen weg und es stellte sich die Existenzfrage. Wir haben versucht, kreative Projekte zu entwickeln, die dann auch gefördert wurden. Zuerst haben wir zusammen mit dem alternativen Fernsehsender aus Hannover „H1“ein Kurzfilmmagazin für das Fernsehen entwickelt, das dann in den Bürgersendern von vielen Städten ausgestrahlt wurde. Daraus entwickelte sich ein Festivalmagazin, für das wir seit 2008 über die Filmfestivals von Niedersachsen gezogen sind, wo wir die Gäste interviewt und Ausschnitte aus ihren Filmen gezeigt haben. Inzwischen haben wir dafür bei Youtube und Vimeo eigene Kanäle eingerichtet und eine viel bessere Verbreitung. Als weiteren Baustein für unsere Finanzierung haben wir 2006 die Trägerschaft der Schulkinowochen Niedersachsen übernommen. Inzwischen haben wir jährlich über 90.000 Besucher und etwa 100 teilnehmende Kinos.

Seit 2014 wird das FMB wieder institutionell gefördert. Hat sich die Situation gebessert?

Wir mussten bis 2014 immer dann, wenn es finanziell knapp wurde, zum Arbeitsamt gehen, und das ist nun endlich vorbei. Und wir haben jetzt einen Sitz im Vergabeausschuss der Nordmedia – dafür hatten wir seit 2001 gekämpft.

Ist auch das Kurzfilmprogramm „Nord Shorts“ dieser solideren Finanzierung des Büros geschuldet?

Wir haben 2008 schon mal ein ähnliches Kurzfilmprogramm gemacht, aber das wurde später von Nordmedia nicht mehr unterstützt und mit Eigenmitteln war das nicht zu leisten. 2014 konnte wir dieses Projekt wieder aufleben lassen, weil wir jetzt das Geld dafür haben. Wir stellen dafür jährlich ein Programm mit von Nordmedia geförderten Kurzfilmen zusammen und bieten dem jeweiligen Kino an, dass wir einen der Regisseure einladen, um mit dem Publikum zu diskutieren.

Seit einigen Jahren veranstalten Sie Film- und Medienforen im Kloster Lüne in Lüneburg. Was passiert dort?

Diese Foren machen wir in Kooperation mit der Medienagentur M 7. Dabei stellen Filmemacher, Produzenten, Fernsehjournalisten und Studierende neue Projekte vor und wir bringen diese Macher mit Entscheidern wie etwa Redakteuren von Fernsehanstalten zusammen.

Am 2. Dezember feiern Sie im Kino im Künstlerhaus in Hannover nicht nur den Geburtstag des FMB, sondern auch Ihren Abschied in den Ruhestand.

Ja, die Feier soll auch eine Bestandsaufnahme der Filmförderung werden. Es ist unser Geburtstag und da dürfen wir uns etwas wünschen: So sollte eine Filmförderung Wagnisse ermöglichen und nicht nur Erfolge unterstützen.

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