Kinoempfehlungen für Berlin: Die Vielfalt im Kino

Das Arsenal zeigt 60 Filme, die sein Publikum gesehen haben sollte. Das Filmmuseum Postdam würdigt Jean-Luc Godard und das Babylon „Wim & Jim“.

Außer Atem, 1969, Regie: Jean-Luc Godard Foto: Filmmuseum Potsdam

Unter dem Titel „60 und mehr Filme, die das Arsenal-Publikum gesehen haben sollte“, startet das Kino Arsenal mit einer neuen filmhistorischen Reihe in die kommenden Monate: Verschiedene Ku­ra­to­r:in­nen mit unterschiedlichen Ansätzen und Themensetzungen garantieren beim Blick auf das Kino eine Vielfalt, die – wie immer beim Arsenal – natürlich weltumspannend daherkommt.

Im September lautet das Motto „Turning Times“. Worauf genau sich die Zeitenwende in Bezug auf Ida Lupinos besten Film „The Bigamist“ (1953) bezieht, ist natürlich Interpretationssache: Im Hollywood der 1950er Jahre war die in London geborene Schauspielerin, die in den 40ern mit Porträts taffer Gangsterbräute und Halbweltdamen in Warner-Produktionen reüssiert hatte, als Frau im Regiestuhl (sowie als Produzentin) schließlich noch eine große Ausnahme.

Einen überraschend unsentimentalen Blick wirft Lupino auf die Geschichte eines verheirateten Mannes, der sich nicht anders zu helfen weiß, als auch noch seine schwangere Geliebte zu ehelichen, jedoch allemal: Ihr Film vermeidet alle melodramatischen Fallen, die der Stoff bietet, und versucht bei einem offenen Ende Verständnis für alle beteiligten Figuren zu erwecken (10. 9., 17 Uhr, Kino Arsenal).

Am 13. September vor einem Jahr verstarb mit Jean-Luc Godard der vermutlich einflussreichste Filmkünstler des 20. Jahrhunderts. Kommerziell erfolgreich war er so gut wie nie, doch ohne ihn wären viele Trends und Strömungen des internationalen Kinos kaum möglich gewesen. Wo immer mit Film über Film nachgedacht wird, ist Godard der Referenzpunkt.

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Seinen einjährigen Todestag nimmt das Filmmuseum Potsdam zum Anlass, von September bis November ausgewählte Filme des Regisseurs zu zeigen. Los geht es mit „JLG/JLG – Godard über Godard“, einem nicht ganz einstündigen „Autoportrait“ wie es im Originaltitel heißt, das Godard-typisch natürlich nichts Biografisches enthält, sondern als collagiertes Assoziations-Patchwork einen Einblick in die Denkweise des Filmemachers gibt, der hier Film, Literatur, Philosophie, Malerei und Musik gleichberechtigt miteinander verknüpft, um die Grundlagen europäischer Kultur zu erforschen.

Gefolgt wird das Selbstporträt von Godards einzigem kommerziellen Erfolg, seinem langen Spielfilmdebüt „Außer Atem“, einem Musterbeispiel des Nouvelle-Vague-Kinos, in dem sich der Kleingauner und Zufallsmörder Michel Poiccard (Jean-Paul Belmondo) von Tag zu Tag durchs Pariser Leben wurstelt („JLG/JLG“, 10. 9., 18 Uhr, „Außer Atem“, 10. 9., 19.15 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Ich assoziiere bei der Erwähnung des Namens Wim ja immer Wum und Wendelin, aber im Babylon Mitte denkt man nicht über Thoelke und Loriot nach, sondern über Wenders und Jarmusch: „Wim & Jim“ heißt die Filmreihe, die sich bis Mitte Oktober mit dem Schaffen der beiden Regisseure beschäftigt, das vor allem vor allem zu Beginn von Jarmuschs Karriere einige Berührungspunkte aufzuweisen hatte.

Unter anderem arbeitete der Amerikaner als Produktionsassistent bei Wenders. Zudem haben die beiden Kollegen eine gemeinsame Vorliebe für Roadmovies – etwa „Alice in den Städten“ (Wenders, 13.9., 22.30 Uhr) und „Stranger Than Paradise“ (Jarmusch, 12.9., 17.45 Uhr) – und für Rockmusik.

Und sie erzählen ihre Geschichten nicht unbedingt mit der größtmöglichen Effizienz. Sondern eher in einem jeweils sehr eigenen Tempo, das Umwege und Abschweifungen ermöglicht, die sich umso eindringlicher festhaken („Wim & Jim“, Filmreihe, 12. 9.-11. 10., Babylon Mitte).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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