Kinoempfehlungen für Berlin: In einem ganz anderen Licht

Eine Filmreihe im Zeughaus widmet sich dem Nachkriegskino der Alliierten in Berlin. Das Filmmuseum Potsdam zeigt Andreas Dresens „Gundermann“.

„It Started with Eve“ (1941), Regie: Henry Koster Foto: Stiftung Deutsche Kinemathek

Wie ging es nach Ende des Zweiten Weltkriegs weiter mit den Kinos in Berlin? Tatsächlich boten die ersten Lichtspieltheater bereits etwa einen Monat nach Einstellung der Kriegshandlungen wieder erste Filmprogramme an, darunter mit „Berlin“ einen sowjetischen Dokumentarfilm, der ein ganz anderes Licht auf die die Kämpfe um die Hauptstadt warf, als die Berliner das von den deutschen Wochenschauen im Auftrag von Goebbels' Propagandaministerium gewohnt waren.

Mit dem Vier-Mächte-Status der Stadt bekam das begierige Publikum bald darauf auch die Kinoprogramme und -premieren anderen drei Siegermächte zu sehen, die damit offenkundig sehr unterschiedliche Ziele verfolgten: von reiner Unterhaltung bis zur demokratischen Umerziehung.

Mit diesen Aspekten befasst sich bis Anfang Dezember die Filmreihe Zwischen Kriegsende und Neuanfang. Die Kinokultur der Alliierten in Berlin 1945/46 im Zeughauskino, die am 6. 10. mit dem amerikanischen Musiklustspiel „It Started with Eve“ (1941) eröffnet wird, dem ersten Film, den die Amerikaner in Berlin zeigten, am 18.Oktober 1945 im Kino Neue Scala am Nollendorfplatz.

Ebenfalls in der Reihe zu sehen ist mit „L’espoir“ ein französisch-spanischer Spielfilm mit dokumentarischem Hintergrund über eine Episode des Spanischen Bürgerkriegs aus der Sicht der demokratisch-republikanischen Kräfte, die sich im Kampf mit den Faschisten von General Franco befanden.

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Der vom Schriftsteller André Malraux als Co-Regisseur gemeinsam mit Boris Peskine 1939 fertiggestellte Film war seinerzeit sofort verboten worden und kam erst 1945/46 in die Kinos – in Berlin zweifellos als ein Fanal für Demokratie und Freiheit („It Started with Eve“: 6.10., 19 Uhr; „Berlin“: 8.10. 18 Uhr; „L’espoir“: 10.10. 19 Uhr, Zeughauskino).

Andreas Dresen ist einer der populärsten Filmemacher unseres Landes, und das keineswegs unverdient: Wahrhaftigkeit, Menschlichkeit und Unterhaltungswert sinnvoll miteinander zu verbinden, kann schließlich nicht jeder. Das Filmmuseum Potsdam bewahrt viele der Arbeitsmaterialien Dresens und hat daraus jetzt eine Ausstellung konzipiert: „Voll das Leben! Andreas Dresen und Team“, die am 6.10. natürlich in Anwesenheit von Dresen und seinem Team eröffnet wird.

Am Tag darauf zeigt das Filmmuseum dann mit „Gundermann“ Dresens Spielfilm über den Liedermacher, Baggerfahrer und Stasi-Spitzel Gerhard Gundermann und dessen Biografie zwischen authentischer Unangepasstheit und schnödem Verrat, zwischen Weltverbesserungsideen und kompletter Egozentrik. Gundermann (Alexander Scheer) wirkt bei Dresen in einer Mischung aus Naivität und Egomanie auf nahezu grausame Weise eigensinnig, er schont nichts und niemanden – auch nicht sich selbst.

Dass man ihm dabei zwei Stunden lang gern zusehen mag, liegt eben in Dresens Kunst begründet, in seinen Filmen Menschen mit all ihren Fehlern zum Leben zu erwecken. Im Anschluss an die Vorführung spricht der Filmjournalist Knut Elstermann mit Gästen aus der Filmcrew (Ausstellungseröffnung, 6.10., 19 Uhr, Gundermann, 7.10., 18 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Jemand der Menschen auch sehr gut versteht ist der Journalist Franz Xaver Gernstl, der seit Jahrzehnten im selben Team mit Kameramann und Tonmann Reisereportagen fürs Öffentlich-rechtliche Fernsehen dreht. Gemeinsam drehen die Drei ihre Runden im Kleinbus und kommen dabei mit verschiedensten Menschen ins Gespräch – vor allem mit jenen, die nicht nach materiellen Gütern streben, sondern grundsätzlich zufrieden sind mit sich und der Welt.

„Gernstls Reisen – Auf der Suche nach Irgendwas“ ist gleichermaßen Rückblick, Selbstreflexion und ein Wiedersehen mit alten Bekannten, also eine Art aktualisiertes Best of, das gleichwohl einen exzellenten Einblick gibt in Gernstls Fähigkeit, besonders gut Zuhören zu können. Denn dann erzählen die Leute von ganz allein (5.–9.10., 18.15 Uhr, Kant Kino, 8.10., 13.30, Capitol).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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