Klausur des Grünen-Vorstands: Mit Mindestlohn gegen Gegenwind

Mit der Forderung nach höheren Löhnen und besserer Arbeit startet die Partei ins neue Jahr. Ganz frei von Widersprüchen bleibt sie dabei aber nicht.

Ricarda Land und Omid Nouripour

Will den Mindestlohn auf rund 14 Euro anheben und im Bundestag ein Tarifpaket verabschieden: Ricarda Lang, hier mit Omid Nouripour während der Klausurtagung in Berlin Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz | Umfragerekorde für die AfD, schlechte Zahlen für die Ampel und bundesweite Bauernproteste gegen die Regierung: Neben ihren Koalitionspartnern stehen auch die Grünen zu Beginn des Jahres im Gegenwind. Mit einer Vorstandsklausur in Berlin stimmte sich jetzt die Parteiführung auf die anstehenden Landtagswahlen und die Europawahlen im Juni ein. Vertrauen zurückgewinnen will sie unter anderem mit der Forderung nach besserer Bezahlung in der Arbeitswelt.

„Es gib den Anspruch von den Menschen, die unseren Wohlstand erarbeiten, dass es gerechter zugeht und sie von ihrer Arbeit leben können“, sagte Parteichefin Ricarda Lang am Rande der Klausur am Dienstag. Konkret nannte sie für 2025 zwei Ziele: den Mindestlohn auf rund 14 Euro anzuheben und im Bundestag ein Tarifpaket zu verabschieden. Dabei geht es zum einen darum, wie im Koalitionsvertrag vereinbart Tarifflucht zu erschweren – und zum anderen darum, staatliche Aufträge an die Zahlung von Tariflöhnen zu binden.

Die Arbeitsmarktpolitik war zuvor schon Thema einer Gesprächsrunde mit der IG-Metall-Vorsitzenden Christiane Benner und Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles. Ein weiterer Schwerpunkt dabei: Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Nahles betonte vor allem das Potenzial, das durch Jugendliche ohne Schulabschluss und Ausbildung verloren gehe. „Aus unserer Sicht lohnt sich jeder Euro in Qualifizierung von Menschen, die arbeitslos sind“, sagte sie – und erhielt dafür zustimmendes Kopfnicken der Grünen-Vorstände.

Theorie und Praxis der Ampel gehen an dieser Stelle jedoch auseinander: Erst am Montag machte das Bundeskabinett den Weg frei für die Streichung des Bürgergeldbonus – einer Zusatzzahlung für Bürgergeld-Empfänger*innen, die sich weiterbilden. Direkt wollte sich Parteichefin Lang auf Nachfrage nicht gegen die Entscheidung stellen: Die Grünen stünden zum Kompromiss bei den Haushaltskürzungen, sagte sie. Man werde aber schauen, „wo wir besser werden können in dem Bereich“. Als weiteren externen Gast hatte der Grünen-Vorstand Jörg-Andreas Krüger geladen, den Präsidenten des Naturschutzbunds Deutschland.

Naturschutz und Kampfflugzeuge

Auch dieser Schwerpunkt war bewusst gesetzt: Seit ihrem Regierungseintritt haben die Grünen unter Um­welt­schüt­ze­r*in­nen viel Vertrauen verloren. Der Nabu sprach in einer Zwischenbilanz zur Halbzeit der Ampelregierung im Herbst 2023 von einer „weitestgehenden Leerstelle“ bei Natur- und Artenschutz.

Viel freundlicher äußerte sich Krüger nun im direkten Gespräch. Er freue sich, dass das Thema auf der Klausur „so hoch gehängt“ werde. Ausdrücklich lobte er Haushaltsmittel, die die Regierung für den Naturschutz zur Verfügung stellt – auch wenn ihm bei der Finanzierung die langfristige Perspektive fehle.

Möglichst wenig Raum räumte der Grünen-Vorstand dagegen einem anderen Thema ein: dem aktuellen Konflikt um Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien. Außenministerin Annalena-Baerbock hatte am Sonntag angekündigt, dem Verkauf von Kampfjets an die Diktatur zuzustimmen. Von Grünen-Abgeordneten gab es dagegen am Montag deutlichen Widerspruch, auch Parteichefin Lang äußerte sich zunächst kritisch.

Am Dienstag bemühten sich nun sowohl sie als auch ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour, den Konflikt herunterzukochen: Am Rande der Klausur sagten beide fast wortgleich, dass die Situation im Nahen Osten volatil und die Entscheidung nicht einfach sei – ein Beschluss über die Ausfuhr im Moment aber gar nicht anstünde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.