Klimagipfel Kopenhagen: Krawalle im Freistaat

Ein Fest im alternativen "Freistaat Christiania" endet mit heftigen Krawallen. Demonstranten zünden Barrikaden an und werfen Molotow-Cocktails. Die Polizei antwortet mit Tränengas.

Mit Molotow-Cocktails und Barrikaden werden die Krawalle provoziert. Bild: dpa

KOPENHAGEN taz | Heftige Zusammenstöße gab es in der Nacht zum Dienstag in der Kopenhagener Innenstadt. Polizei und Gegner des UN-Klimagipfels bekämpften sich stundenlang. Am Ende brannten Barrikaden und mehr als 200 Personen landeten in den Gitterkäfigen.

Bevor es dazu kam, hatten etwa 1.000 Menschen ein Fest im "Freistaat Christiania" besucht. Christiania ist ein seit den 70er Jahren besetzt gehaltenes Kasernengelände in unmittelbarer Nähe des Zentrums von Kopenhagen. Gegen 22.00 Uhr errichteten Demonstranten vor den Toren von Christiania Barrikaden und zündeten sie an. Anrückende Polizisten wurden laut der Agentur afp mit Molotow-Cocktails beworfen.

In den nächsten Stunden lieferten sich Polizei und Demonstranten heftige Auseinandersetzungen. Steine und Molotowcocktails flogen Richtung Polizei, die sich vor Christiania postiert hatten. Die schossen immer wieder große Mengen Tränengas auf das Gelände. Die Schwaden zogen in die Gebäude und ein in der Nähe aufgebautes Zirkuszelt, in dem das vom Protestnetzwerk "Climate Justice Action" ausgerichtete Fest stattfand. Viele Besucher flüchteten in ein nahegelegenes Wohngebiet. Gegen 23.30 Uhr rückte die Polizei vor und verhaftete viele der in Christiania Zurückgebliebenen. Das Gebiet wurde weiträumig abgesperrt.

Auf dem Fest hatten die kanadische Globalisierungskritikerin Naomi Klein und der amerikanische Literaturtheoretiker Michael Hardt gesprochen. "Eine andere Welt ist möglich, aber wir müssen uns beeilen," sagte Klein. "Dies könnte der Beginn eines ganz neuen Zyklus der sozialen Bewegungen sein," meinte Hardt mit Blick auf die Massenproteste am Samstag.

Ein Sprecher von "Climate Justice Action" bekräftigte die Entschlossenheit, am Mittwoch mit "offensiver Gewaltfreiheit massenhaft auf die Straße zu gehen". Dann soll für einen Tag der Verhandlungsort des Gipfels, das Messegelände "Bella Center" im Süden der Stadt eingenommen werden. "An diesem Tag werden wir Geschichte schreiben und wir werden nicht in diesen gottverdammten Käfigen enden", rief er. Die Menge jubelte ihm zu.

Später zündeten Unbekannte abseits von Christiania gegen 1.00 Uhr in der Nähe einer Unterkunft der Klimademonstranten im Norden der Stadt zwei Autos an. Die Polizei postierte sich vor dem Fabrikgelände, in dem mehrere hundert Protestler untergebracht sind, und durchsuchte alle, die nachts zurück wollten.

Am Montag hatten rund 3.000 Menschen bei den Klimaprotesten am "No Border"-Aktionstag "für offene Grenzen und gegen die Rüstungsindustrie" auf dem zentralen Israelplatz teilgenommen. Ein Redner wirft der dänischen Regierung vor, irakische Flüchtlinge zurück in ihre Heimat und damit in Krieg und Elend zu schicken.

Mit Sprechchören greift die Menge die Abschottungspolitik der Europäischen Union gegenüber Flüchtlingen und die Polizeieinsätze der letzten Tage an. Ohne Zwischenfälle demonstrieren sie bis zum dänischen Verteidigungsministerium. Die Anmelder beenden die Demonstration offiziell. Doch die Menge zieht weiter vor den dänischen Parlamentssitz, dem Schloß Christansborg. Dort lösen sie einen vom dänischen Klimaschutzministerium aufgestellten Fesselballon, der eine Tonne Kohlendioxid symbolisieren soll. Sie rollen die riesige orange Kugel über den Parlamentsvorplatz, bis die Polizei immer mehr Einheiten zusammenzieht und die Menge schließlich einkesselt. Sie treiben die Demonstranten über eine Brücke aus der Innenstadt in Richtung Christiania. 17 Personen werden festgenommen.

Damit steigt die Zahl der bisher bei den Klimaprotesten Festgenommenen am Montagabend auf mehr als 1.500. Die Behörden hatten am Wochenende eingeräumt, dass die allermeisten Festnahmen bis dahin "vorbeugend" erfolgt waren. Unter den 1.243 bis Montagfrüh festgenommenen waren laut Polizei 335 Deutsche. Sie stellten die am stärksten vertretene Nationalität noch vor den Dänen mit 287 und Schweden mit 245 festgenommenen Demonstranten. Vier Deutsche wurden ausgewiesen. Die meisten Demonstranten wurden innerhalb von zwölf Stunden wieder freigelassen, zwei deutsche Frauen blieben zunächst weiter in Untersuchungshaft.

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