Kohlekraftwerke sollen länger laufen: Husten für den Atomausstieg

Der Bundesrat will im Zuge der Energiewende alte Kohlekraftwerke länger am Netz halten. Dafür werden mehr Feinstaub- und Quecksilberemissionen erlaubt.

Dreckschleuder: Eon-Kohlekraftwerk Staudinger in Hessen. Bild: dpa

BERLIN taz | Wegen des Atomausstiegs wollen die Bundesländer alte, dreckige Kohlekraftwerke über 2019 hinaus laufen lassen. Ab dann hätten eigentlich höhere Grenzwerte für Abgase wie Staub oder Quecksilber gelten sollen, die das Aus für einige der ältesten Kraftwerke in Deutschland bedeutet hätten. So zumindest plante es die Bundesregierung.

Die Länder wollen das Vorhaben nun kassieren. Wie erst jetzt veröffentlichte Sitzungsprotokolle zeigen, hat der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats die Ministerpräsidenten der Länder vergangenen Woche aufgefordert, einer Verschärfung der Grenzwerte für Kraftwerks-Abgase nicht zuzustimmen.

Das bedeutet de facto eine Laufzeitverlängerung für alte Kohlemeiler. Wahrscheinlich wird der Bundesrat dem am 14. Dezember folgen. Dann stimmt die Länderkammer über ein Paket aus mehreren Verordnungen ab, mit denen Deutschland die EU-Richtlinie über Industrieemissionen umsetzt.

Der Feinstaub, um den es geht, ist krebserregend. Bisher war täglich ein Staubausstoß von 20 Milligramm pro Kubikmeter Abgas erlaubt. Die Bundesregierung wollte den Ausstoß auf die Hälfte senken. Das gilt zwar ab 2016 für neue Kraftwerke, hätte aber ab 2019 auch für Altanlagen gelten sollen. „Diese Regelung aber würde gerade in der Zeit, in der die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen, dazu führen, dass gleichzeitig weitere fossil befeuerte Bestandsanlagen aus dem Markt genommen werden müssten“, heißt es in den Empfehlungen des Gremiums an die Ministerpräsidenten.

Bis Ende 2022 gehen die letzten neun verbliebenen AKW in Deutschland vom Netz. Die Bundesnetzagentur warnt seit langem vor zu wenig Kraftwerken in Süddeutschland und einem höheren Risiko von Stromausfällen.

Sechs Gigawatt Kapazität

„Angesichts der gegenwärtigen und zukünftigen angespannten Situation ist es nach Einschätzung der Bundesnetzagentur erforderlich, immissionsschutzrechtlich bedingte Stilllegungen auszusetzen“, schrieb die Behörde im Mai. Der Energieverband BDEW schätzt, dass die Kraftwerke, die durch die schärferen Richtlinien weggefallen wären, sechs Gigawatt Kapazität hätten, was sechs großen Kohlemeilern entspricht.

Die könnten ihren Staubausstoß zwar mit besseren Elektrofiltern verringern. Doch die Nachrüstung wollen die Wirtschaftsminister den Betreibern der mehrere Jahrzehnte alten Anlagen nicht zumuten: "Eine Ertüchtigung oder Neuerrichtung würde einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen", schreiben sie in ihrer Empfehlung.

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