Kolonialverbrechen in Tansania: Ein Signal, aber noch keine Politik

Steinmeier hat in Tansania die richtigen Worte gefunden. Jetzt muss es Deutschland um konkrete Verhandlungen gehen – auch um Reparationen.

Eine Schülergruppe winkt in die Kamera

„Hallo Bundespräsident“: Schülerinnen und Schüler einer Grundschule in Songea Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Mit seiner Bitte um „Verzeihung“ für Deutschlands Kolonialverbrechen im heutigen Tansania hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die richtigen Worte gefunden. „Ich verneige mich vor den Helden“ – dieser Satz im Gästebuch einer Gedenkstätte für antikoloniale Widerstandskämpfer wäre noch vor Kurzem für ein deutsches Staatsoberhaupt undenkbar gewesen.

Die Worte fielen auch nicht einfach bei einer Fensterrede in der Hauptstadt, sondern am entlegenen Gedenkort Songea, anlässlich des Treffens zwischen Steinmeier und Nachkommen von Chief Songea Mbano, einem hingerichteten Anführer des Maji-Maji-Aufstands im ehemaligen Deutsch-Ostafrika, der der größte Aufstand gegen deutschen Kolonialterror in Afrikas Geschichte war. Das sind wichtige Signale.

Signale sind aber kein Selbstzweck. Sie sollen etwas signalisieren. Von gemeinsamer Aufarbeitung der Geschichte war bei Steinmeiers Besuch in Tansania die Rede, und von gemeinsamer Gestaltung der Zukunft. Solche oder ähnliche Worte fallen oft auf Afrikareisen deutscher Politiker, und sie sind meist schnell wieder vergessen, sobald der Reisende wieder ins Flugzeug steigt.

Aus den Worten eines Bundespräsidenten wächst nicht automatisch praktische Politik. Der dafür nötige Impuls muss nun in Deutschland gesetzt werden, nicht in Tansania. Indem Steinmeier zugab, man wisse nicht, wo sich der nach Deutschland verschleppte Schädel von Chief Songea heute befindet, wurde deutlich, wie weit der Weg noch ist. Gemeinsame tansanisch-deutsche historische Forschung über die Kolonialzeit wäre wichtig. Und Deutschland sollte Tansanias Angebot von Verhandlungen annehmen, auch wenn dabei das heikle Thema Reparationen auf den Tisch kommt. Dafür ist allerdings nicht der Bundespräsident zuständig, und da lauert schon der Sand, in dem sein Besuch verlaufen könnte.

An Deutschlands Weigerung, Reparationen in Afrika in Betracht zu ziehen, scheiterte zuletzt in Namibia die Versöhnung mit den Hinterbliebenen des deutschen Völkermordes an den Herero und Nama. Dieses Scheitern darf sich nicht wiederholen.

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