Kolumne Pressschlag: Vizebayern macht weiter

National wurde der FC Bayern von Borussia Dortmund teilweise vorgeführt, international scheiterte der Verein an sich selbst. Und jetzt? Nur wenig wird sich ändern.

Dreimal Zweiter geworden: Jupp Heynckes. Bild: dpa

Vizebayern ist ein Titel, mit dem der Klub von der Säbener Straße nur schlecht leben kann. Der FC Bayern will immer Titel gewinnen, viele Titel. Jetzt haben sie schon das zweite Jahr hintereinander nichts gewonnen. Sie sind heuer immer nur Zweiter geworden, in der Meisterschaft, im Pokal, in der Champions League.

Das wäre für andere Mannschaften ein hübscher Erfolg, für die Bayern ist es eine kleine Katastrophe, weil Platz Zwei am Selbstverständnis des Klubs kratzt. Seine Mia-san-mia-Mentalität muss er nun (geringfügig) abwandeln und um ein paar Gesten der Demut und des Understatements erweitern.

National wurden sie von Borussia Dortmund teilweise vorgeführt, international scheiterten sie an sich selbst. Demut ist ein Wort, das Bayern-Präsident Uli Hoeneß schon vorm Finale in den Mund genommen hat, freilich eher aus taktischen Erwägungen. So wird er es auch künftig halten, denn an der Gesamtstrategie des Klubs dürfte sich nur wenig ändern.

Zwar ist es seit dieser Spielzeit auch mit den Duselbayern vorbei, doch mit einem gut gefüllten Festgeldkonto und dem nötigen Abstand zum Chelsea-Spiel wird sich der FC Bayern wieder auf seine Grundsätze berufen, die sich nicht so schnell verflüchtigen: das Star- und das Regionalprinzip und den Ansatz, dass der Klub letztlich größer ist als der Trainer und die Mannschaft.

3 Champions-League-Finales in den vergangenen 13 Jahren verloren

In der Rückschau werden sie das Finale vom Samstag als einen Betriebsunfall des Fußballs verstehen, als eine merkwürdige Volte des Schicksals, denn die Wahrscheinlichkeit, dass Chelsea dieses Endspiel würde gewinnen können, erschien vergleichsweise gering. Und doch müssen sich die Münchner fragen, warum sie drei Champions-League-Finales in den vergangenen 13 Jahren verloren haben.

Es gab 1999 das Drama von Barcelona, an das sich jetzt viele Bayern-Fans erinnert fühlen, das 0:2 gegen Inter Mailand vor zwei Jahren und jetzt die Frustpartie von Fröttmaning. Die Aufarbeitung dürfte in dem Leitmotiv gipfeln: Weiter so! Denn Neuorientierungen oder kleine Umstürze haben dem FC Bayern des Uli Hoeneß noch nie gut getan.

Erinnert sei an die Klinsmann-Ära, in der sich der Klub neu erfinden wollte, doch mehr als Buddha-Statuen und frustrierte Spieler waren da nicht. Oder das Kapitel van Gaal. Der Holländer stellte sich in all seiner Hybris über den Klub und verstieß damit gegen Paragraf 1 der Bayern-Verfassung: Sei ein braver Arbeiter im Weingarten des Herrn (Hoeneß)! Es wird wohl im alten, gar nicht so schlechten Trott unter Jupp Heynckes weitergehen.

Interessant wird es allerdings dann, wenn der FC Bayern wieder glaubt, das Ruder herumreißen zu müssen. Mit einem Trainer, der nicht Motivations-, sondern Konzeptfußball spielen lässt, wäre das sicherlich der Fall. So ein Trainer hieße zum Beispiel Jürgen Klopp. Aber der hat gerade in Dortmund anderes zu tun. Er arbeitet an der dauerhaften Degradierung der Superbayern zu Vizebayern.

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