Kommentar Bundeswehreinsatz im Irak: Keine Intervention nach Gusto

Der Irakeinsatz soll ohne internationales Mandat stattfinden. Der Bundestag sollte klarstellen, dass die bloße Einladung anderer Länder nicht genügt.

Versucht da jemand die Standards für Bundeswehreinsätze zu lockern? Bild: dpa

Es war eine der wirkungsvollsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. 1994 stellten die Richter fest, dass das Grundgesetz Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht verbietet, wenn sie im Rahmen der UNO, der Nato oder der EU stattfinden. Zugleich erfand Karlsruhe aber einen Parlamentsvorbehalt für solche Einsätze. Der Bundestag muss nun also jedes Mal gefragt werden, bevor deutsche Soldaten losgeschickt werden können. Die Deutschen sind zwar immer noch militärskeptisch, die einzelnen Einsätze werden aber akzeptiert. Die Von-Fall-zu-Fall-Entscheidungen des Bundestags geben der Gesellschaft ein Gefühl von Kontrolle.

Die Bundesregierung ist über den Parlamentsvorbehalt nicht unglücklich. Dass oft auch die Opposition aus Verantwortungsbewusstsein die Einsätze mitträgt, fördert die Akzeptanz zusätzlich. Auch in besonderen Zweifelsfällen, wie jetzt bei der Ausbildungshilfe für die irakischen Kurden, beantragt sie sicherheitshalber ein Mandat.

Umso erstaunlicher, dass die Regierung bei der militärisch gut gesicherten Rettungsaktion in Libyen 2011 partout auf eine Absicherung im Parlament verzichten wollte und jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden muss. Dass hier das Gefühl von Trickserei aufkam, hat Vertrauen zerstört.

Das Gleiche gilt für die Versuche von CDU-Politikern, der Regierung Vorratsbeschlüsse für internationale Militäreinsätze zu besorgen. Die SPD hat diese Aufweichung des Parlamentsvorbehalts zu Recht abgelehnt. Schließlich wird die Bundeswehr bisher fast immer in internationalen Strukturen eingesetzt. Und das sollte auch so bleiben.

Deshalb ist der Irakeinsatz heikel. Er beginnt ohne klares internationales Mandat, die Bundeswehr ist nur Teil einer losen Koalition der Willigen. Ein Einsatz im Rahmen von EU-Strukturen oder mit klassischem UN-Mandat wäre allemal vorzuziehen gewesen. Man kann nur hoffen, dass auf Regierungsseite nicht eine Strategie, hier die Standards zu lockern, dahintersteckt. Schon wird diskutiert, ob für Bundeswehreinsätze auch die bloße Einladung einer ausländischen Regierung genügen könnte.

Die Abgeordneten sollten diesen Donnerstag klarmachen, dass sie solche Nothilfemandate ablehnen und nicht erteilen werden. Die Bundeswehr darf keine nach deutschem Gusto frei einsetzbare Interventionsarmee werden.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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