Kommentar Computervirus: Das Geschäft mit der Angst

Ein Wurm, ein Virus, der Teufel! Cyberwaffen, Cyberwar, Cyberangriffe – ist das Ende also nahe? Die Anwort ist so einfach, dass sie niemand glauben wird: Nein.

Die russische Firma Kaspersky Labs behauptet gegenüber der BBC, es gebe eine neue Schadsoftware, die schon seit zwei Jahren ihr Unwesen treibt. Die sei noch böser als der Virus Stuxnet, viel mehr noch – das Böseste, was es bisher gab. „Flame“ wird der neue Schädling von Fachleuten genannt. Wie der Teufel hat „Flame“ auch anderen Namen. Er macht nichts kaputt, sondern sammelt nur Daten, wie bisher bekannt, offenbar von befallenen Rechner im Nahen Osten – also nicht weltweit wie Facebook.

Eine Firma, die Anti-Virenprogramme programmiert und verkauft, entdeckt einen neuen Virus? Ach. Wer hätte das gedacht? Bevor man jetzt die üblichen Verdächtigen aufzählt (Staat im Nahen Osten mit fünf Buchstaben) oder die sattsam bekannten Verschwörungstheorien bemüht (SIE sind schon überall drin!): Wir haben keine unabhängigen Quellen, wir wissen nicht, wer die Malware programmiert hat – obwohl ein Minister eines Staates am Mittelmeer geheimnisvoll herumraunt –, wie wissen nicht wozu, wir wissen fast gar nichts. Aber wir trauen es ihnen (bitte selbst ausfüllen) zu.

Wir wissen nur, dass ein Programm, das technische Prozesse in Großrechnern heimlich manipulieren kann, viel zu aufwändig herzustellen ist, als dass Scriptkiddies oder andere virtuelle Hooligans damit Schaden anrichten könnten. Um Software wie Stuxxnet und Flame zu programmieren, benötigt man viele IT-Fachleute und viel Zeit – fast so viel wie für ein einfaches Betriebssystem. Und wie kommt die Spionage-Software auf einen Rechner? Haben die keine IT-Abteilung im Nahen Osten oder sind das auch nur Pappnasen wie oft bei deutschen Unternehmen, deren Webseiten andauern gehackt werden? Fragen über Fragen. Stellt aber keiner.

Kaspersky betreibt professionell das Geschäft mit der Angst, wie alle Verkäufer von Anti-Viren-Software und anderem Regenzauber. Kaspersky braucht den dümmsten anzunehmenden Nutzer, wie der Pfarrer das arme Sünderlein braucht. Cyberwaffen, Cyberwar, Cyberangriffe – ist das Ende also nahe? Die Anwort ist so einfach, dass sie niemand glauben wird: Nein.

Es gibt nur eine finstere Bedrohung aus dem berüchtigten Cyberspace. Die hat zwei Ohren, sitzt vor dem Monitor und kümmert sich nicht um Sicherheit, weil wir das schon immer so gemacht haben, weil das unbequem und kompliziert sei, weil Websites dann so komisch aussehen, wenn man geschützt surft, weil E-Mails nicht mehr hübsch wirken und man das Logo von Werbeagenturen nicht mehr sehen kann, wenn man auf Hochsicherheits- und Anti-Phishing-Modus wechselt, und weil der Rechner immer nervig fragt, ob man dieses oder jenes Programm (I_love_you.exe) wirklich installieren möchte und man ganz sicher sei?

Die Viren werden immer schlimmer. Nichtes Neues also aus dem Cyberspace.

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